Klarstellung zur Anforderung von Beweismitteln bzgl. des Zugangs eines Einwurf-Einschreibens

BAG vom 30.01.2025 – 2 AZR 68/24

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die bloße Vorlage des Einlieferungsbelegs eines Einwurf-Einschreibens und die Darstellung seines Sendungsverlaufs für sich allein genommen, ohne die Vorlage einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs, keinen Anscheinsbeweis für einen Zugang der eingelieferten Postsendung beim Empfänger begründet. Ohne Vorlage einer Reproduktion des Auslieferbeleges bleibt der Absender beweisfällig für den Zugang des konkreten Schreibens.

Die Entscheidungsgründe

Ohne Auslieferungsbeleg fehlt es an Angaben über die Person des den Einwurf bewirkenden Postbediensteten sowie über weitere Einzelheiten der Zustellung. Die reine Vorlage des Einlieferungsbelegs begründet keine gegenüber einfachen Briefen signifikante erhöhte Wahrscheinlichkeit für den Zugang der Sendung beim gewollten Empfänger des Einwurf-Einschreibens.

Auch der Ausdruck des Sendungsstatus bietet keine ausreichende Gewähr des Zugangs. Es lässt sich weder feststellen, wer die Sendung zugestellt hat, noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das vom BGH beschriebene oder das jeweils gültige Verfahren der Deutschen Post AG für die Zustellung der eingelieferten Postsendung tatsächlich eingehalten wurde. Er besagt auch nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist. Der von der X-GmbH vorgelegte Sendungsstatus lässt weder erkennen, an wen die Zustellung erfolgt sein soll, ob persönlich an den Empfänger, an eine andere Person in dessen Haushalt oder Einwurf in den Briefkasten, noch zu welcher Uhrzeit, unter welcher Adresse oder zumindest in welchem Zustellbezirk. Auch die Person des Zustellers wird in keiner Weise kenntlich gemacht.

Fazit

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Zustellung wichtiger Dokumente durch einen Boten durchgeführt werden sollte, der den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis genommen hat und auf einer Kopie des Schreibens Datum und Uhrzeit des Einwurfes in den Briefkasten dokumentiert und dieses unterzeichnet. Die Nutzung eines Einwurf-Einschreibens und erst recht eines Einschreibens mit Rückschein birgt dagegen erhebliche Gefahren hinsichtlich der Beweisbarkeit des Zugangs des Schreibens.

Neues Urteil des BGH zum Thema Mieterhöhung wegen Heizungssanierung

BGH, Urteil v. 26.3.2025, VIII ZR 283/23

Worum ging es?

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied über die Frage, ob Vermieter nach dem Einbau einer neuen, effizienteren Heizungsanlage die Miete erhöhen dürfen, auch wenn der tatsächliche Energieverbrauch nach der Modernisierung nicht unmittelbar sinkt. Im konkreten Fall hatte eine Vermieterin in einem Mehrfamilienhaus die alten Einzelöfen durch eine moderne Gaszentralheizung mit zentraler Warmwasseraufbereitung ersetzt und anschließend die Miete erhöht. Eine Mieterin klagte dagegen, da nach ihrer Ansicht keine tatsächliche Energieeinsparung nachgewiesen worden sei.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob die vorinstanzlichen Urteile auf, die die Mieterhöhung abgelehnt hatten, und stellte klar:

  • Für die Modernisierungsmieterhöhung (§ 559 BGB) ist nicht der tatsächliche Energieverbrauch nach der Maßnahme entscheidend. Der tatsächliche Verbrauch ist kein geeigneter Maßstab, weil er von Faktoren wie Witterung oder Nutzerverhalten abhängt.
  • Maßgeblich ist, ob die bauliche Maßnahme zum Zeitpunkt der Mieterhöhung eine messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie erwarten lässt.
  • Diese Prognose kann durch Sachverständigengutachten oder anerkannte Pauschalwerte erfolgen, etwa aus offiziellen Richtlinien zur energetischen Bewertung von Gebäuden.

Begründung des Gerichts

Das Gericht betonte, dass die Möglichkeit zur Umlage ein zentraler Anreiz für Vermieter sei, in moderne, energieeffiziente Technik zu investieren. Würde man nur auf den tatsächlichen Verbrauch abstellen, wäre die Refinanzierung für Vermieter kaum kalkulierbar, was energetische Sanierungen hemmen würde.

Fazit

Das Urteil stärkt die Position der Vermieter bei energetischen Modernisierungen und sorgt für mehr Planungssicherheit. Für Mieter bedeutet es, dass sie auch dann mit Mieterhöhungen rechnen müssen, wenn die Heizkosten nicht sofort sinken. Entscheidend ist die technische Effizienzsteigerung der neuen Anlage, nicht der kurzfristige Verbrauch.

Einfluss des BGH-Urteils vom 26.3.2025, VIII ZR 283/23 auf die Planung zukünftiger energetischer Modernisierungen: Stärkung der Investitionsbereitschaft und Planungssicherheit

Das Urteil des BGH erleichtert Vermietern die Durchsetzung von Mieterhöhungen nach energetischen Modernisierungen, da bereits die erwartete Energieeinsparung als Grundlage für eine Mieterhöhung genügt, nicht erst der tatsächlich gemessene Verbrauch.

Zu beachten sind unverändert:

  • Transparenz und Nachweispflichten: Vermieter müssen weiterhin nachvollziehbar darlegen, welche Maßnahmen durchgeführt werden und wie sich die prognostizierte Einsparung berechnet. Die Anforderungen an die Modernisierungsankündigung bleiben hoch: Die Maßnahmen und deren energetischer Nutzen müssen für die Mieter plausibel und nachvollziehbar dargestellt werden.
  • Anerkannte Pauschalwerte finden sich etwa in der Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohnungsbau vom 8.10.2020.
  • Abgrenzung zu Instandhaltung: Die Planung muss genau unterscheiden, welche Kosten auf Modernisierung und welche auf Instandhaltung entfallen. Nur die tatsächlich zur Energieeinsparung führenden Maßnahmen dürfen umgelegt werden, Instandhaltungskosten sind herauszurechnen.
  • Berücksichtigung von Mieterinteressen: Trotz der erleichterten Mieterhöhung müssen Vermieter weiterhin prüfen, ob eine unzumutbare Härte für Mieter vorliegt und wie die wirtschaftliche Belastung ausfällt.

Neue Vorgaben der Bioabfallverordnung in Kraft

Eine neue EU-Verordnung verpflichtet alle Mitgliedstaaten die Mülltrennung stärker zu kontrollieren und Fehlverhalten konsequenter zu ahnden. Daraus resultierend gelten seit 1. Mai 2025, als eine Erweiterung der „Kleinen“ Novelle Bioabfallverordnung von 2022, neue Vorgaben für Bioabfälle.

Kontrollwert für Fremdstoffe: Bioabfälle dürfen maximal 3% Fremdstoffanteil enthalten. Dieser neu eingeführte Kontrollwert gilt für alle Fremdstoffe einschließlich Verpackungen, auch wenn diese als biologisch abbaubar beworben werden.

Das heißt konkret, dass Bioabfälle mit mehr als drei Prozent Fremdstoffanteil von der Müllabfuhr sowie weiterverarbeitenden Unternehmen nicht angenommen werden müssen. Die Biotonne wird also entweder einfach nicht geleert und Haushalte müssen sich selbst um die Entsorgung kümmern. Oder es erfolgt eine kostenpflichtige Nachsortierung oder Entsorgung als Restmüll. Auch Bußgelder können drohen.

Die Kommunen überprüfen die Bioabfall-Tonnen bei Abholung unterschiedlich: Einige Entsorgungsunternehmen arbeiten mit einer KI oder Detektoren, die die Tonne scannen, bei anderen überprüfen die Müllwerker den Inhalt per Sichtkontrolle.

Zu den Fremdstoffen gehören neben Kunststoffen und anderen Verpackungen auch Steine, Glas, Keramik und Metalle. Auch ist darauf zu achten, dass auch Obstnetze, Asche, Hundekot, Staubsaugerbeutel oder ähnliches nicht aus Versehen in der Biotonne landen.
Es sollte sichergestellt sein, dass Biomülltüten abbaubar sind und im Biomüll landen dürfen. Steht auf der Tüte „biologisch abbaubar“, so heißt das nicht zwingend, dass die örtlichen Entsorgungsbetriebe das auch akzeptieren. Auch Biomülltüten wie grüne Beutel benötigen sehr lange zum Zersetzen. Detailinformationen hierzu gehen die örtlichen Entsorgungsbetriebe.

Kontrollwert für Kunststoffe: Bioabfälle, die bereits durch den Entsorger in die Anlage zur Weiterbehandlung gebracht wurden, dürfen zukünftig nur weiterverarbeitet werden, wenn sie nur noch einen sehr geringen Anteil an Kunststoffen enthalten. Für den Abfall aus der Biotonne gilt, dass nur noch 1% Kunststoffe enthalten sein dürfen.

Es gilt: Verbraucherinnen und Verbraucher sollen Kunststoffprodukte nicht in die Biotonne werfen, auch wenn diese als biologisch abbaubar beworben werden. Je weniger Fremdstoffe in den Bioabfall gelangen, desto besser kann daraus zum Beispiel hochwertiger Kompost entstehen.

Kunststoffe, wie beispielhaft Kaffeekapseln, machen heute den größten Teil der Fremdstoffe im Bioabfall aus. Sie zersetzen sich nach und nach zu Mikroplastik, verschmutzen die Bioabfälle und geraten über die daraus entstehende Komposterde in die Umwelt. Daraus resultieren Verschmutzungen im Boden und im Wasser und Gefahren für die Menschen und die Natur.

Die Einhaltung der örtlichen Satzungsregelungen wird von den Abfallbehörden der Länder kontrolliert und bei Bedarf sanktioniert. Oftmals besteht eine Sanktion fehlbefüllter Biotonnen darin, diese entweder durch den Abfallbesitzer nachsortieren zu lassen oder sie wird stehen gelassen und als Restabfall entleert. Viele lokale Satzungen sehen in diesen Fällen vor, dass die bei einer Entsorgung als Restabfall entstehenden Kosten dem Verursacher in Rechnung gestellt werden. Welche Regeln konkret vor Ort gelten, legt die jeweilige Kommune fest. Soweit die kommunalen Regelungen Bußgelder vorsehen, ist dies unabhängig von der Bioabfallverordnung.

Wie ist ggf. mit Bußgeldern oder zusätzlichen Entsorgungskosten umzugehen? Können diese auf die Mieter umgelegt werden?

Sofern Mietverträge vorsehen, dass die Mieter als Betriebskosten unter anderem die Kosten für die Müllbeseitigung gemäß § 2 Nr. 8 BetrKV tragen müssen, ist für deren Umlagefähigkeit entsprechend der Rechtsprechung des BGH (u.a. „Sperrmüll“ Urteil vom 13.01.2010 – VIII ZR 137/09) entscheidend, ob diese “laufend” entstehen. Entsprechend der Sperrmüll-Entscheidung des BGH kommt es auf eine (stets) jährliche Entsorgung nicht an. Nach Ansicht des BGH genügt es, dass die Kosten laufend dadurch entstehen, dass Mieter immer wieder unberechtigt Sperrmüll auf Gemeinschaftsflächen abstellen und die Kosten den einzelnen Verursachern nicht zugeordnet werden können.

Auch Bußgelder wegen der Falschbefüllung der Biotonne basieren zunächst einmal auf falschem Nutzerverhalten. Bei der Umlagefähigkeit ist allerdings zu beachten, dass Bußgelder üblicherweise den Liegenschaftseigentümer als Adressaten der Ordnungswidrigkeit treffen. Diesen – und nicht den Mieter – trifft eine Verpflichtung, sorteneinen Bioabfall abholen zu lassen. Selbst wenn man Bußgelder (trotz dieser rechtlichen Einordnung) noch den Kosten der Müllentsorgung zuordnen wollte, fallen sie jedenfalls eindeutig nicht laufend an, selbst wenn sie wiederholt verhängt werden. Auch lassen sie sich seitens des Liegenschaftseigentümers/Vermieters durch ein – wiederum umlagefähiges – „Behältermanagement“ (vgl. BGH, Urteil v. 5.10.2022, VIII ZR 117/21) vermeiden.

Gleichzeitig gilt: sollte die Biotonne wiederholt falsch befüllt und dann als Restmüll abgeholt und entsorgt werden, lässt sich sehr wohl darüber diskutieren, ob die mit einer Sonderleerung verbundenen höheren Kosten dann nicht doch wieder als „laufende Müllbeseitigungskosten“ von den Mietern zu tragen sind.

Darauf sollten sie es wegen des drohenden Bußgeldes allerdings nicht ankommen lassen.

Preise für Wohnimmobilien im 2. Quartal 2024: -2,6 % zum Vorjahresquartal

Die Preise für Wohnimmobilien (Häuserpreisindex) in Deutschland sind im 2. Quartal 2024 gegenüber dem 2. Quartal 2023 um durchschnittlich 2,6 % gesunken. Gegenüber dem Vorquartal stiegen sie um 1,3 %. Dies ist der erste Anstieg gegenüber einem Vorquartal seit dem 2. Quartal 2022.

Preisanstiege gegenüber dem Vorquartal in den meisten Regionen

Gegenüber dem 2. Quartal 2023 waren die Preise in den meisten Gegenden Deutschlands noch rückläufig. Gegenüber dem 1. Quartal 2024 war nur noch für Wohnungen in dünn besiedelten ländlichen Regionen ein Preisrückgang zu beobachten. Die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stiegen dagegen im Durchschnitt in allen Regionstypen gegenüber dem Vorquartal.

So erhöhten sich die Preise in den sieben größten Städten Deutschlands (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf) um 1,6 % (Wohnungen) beziehungsweise 2,3 % (Ein- und Zweifamilienhäuser) gegenüber dem Vorquartal. Im Vergleich zum Vorjahresquartal waren Wohnungen in diesen Metropolen 1,5 % günstiger, Häuser kosteten 4 % weniger.

In anderen kreisfreien Großstädten kosteten Wohnungen 1,4 % mehr als im Vorquartal, gegenüber dem Vorjahresquartal musste dagegen 0,1 % weniger gezahlt werden. Ein- und Zweifamilienhäuser waren 1,3 % teurer als im 1. Quartal 2024, jedoch 4,9 % günstiger als im 2. Quartal 2023.

Auch in dünn besiedelten ländlichen Kreisen zahlten Käuferinnen und Käufer für Ein- und Zweifamilienhäuser 0,9 % mehr als im 1. Quartal 2024, allerdings noch 5 % weniger als im 2. Quartal 2023. Die Preise für Wohnungen sanken dort dagegen um 3 % zum Vorquartal und um 6,5 % zum Vorjahresquartal.

Selbsterklärung nach § 30 Abs.1 Nr. 2 StromPBG/ § 22 Abs. 1 Nr. 2 EWPBG – Möglichkeit der Fristverlängerung

Der GdW hat mit Schreiben vom 19. März 2024 zur Thematik der sog. “finalen Selbsterklä-rungen” nach § 30 Abs. 1 StromPBG, §30a Abs. 2 StromPBG und/oder § 22 Abs. 1 Nr. 2 EWPBG informiert.

Hintergrund unseres Schreibens war, dass Wohnungsunternehmen von ihren Energieversorgern zur Abgabe der finalen Selbsterklärung nach dem Strompreisbremsegesetz (StromPBG) bzw. dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) aufgefordert werden. Die gesetzliche Frist zur Abgabe einer finalen Selbsterklärung endet mit dem 31. Mai 2024. Wird diese Frist nicht eingehalten, können Lieferanten von Strom und Erdgas sowie Wärmeversorgungsunternehmen berechtigt sein, nach diesem Datum sämtliche gewährten Entlastungsbeträge nach § 9 Abs. 5 Satz 2 StromPBG i. V. m. § 12 Abs. 3 StromPBG bzw. § 18 Abs. 5 Satz 2 EWPBG i. V. m. § 20 Abs. 2 EWPBG vollständig zurückzufordern.

Ebenfalls am 19. März 2024 hat der GdW den Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Herrn Dr. Robert Habeck, sowie den Bundesminister für Justiz, Herrn Dr. Marco Buschmann, angeschrieben und darüber informiert, dass die oben aufgeführten Fristen aufgrund des geltenden Mietrechts und der sich daraus ergebenden Praxis bei der Erstellung von Betriebs- und Heizostenabrechnungen schlicht nicht eingehalten werden können. Auch wenn eine Antwort der Minister noch aussteht, hat der GdW zwischenzeitlich nochmals Kontakt mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie der Prüfbehörde Energiepreisbremsen aufgenommen und die besondere Problemlage der Wohnungsunternehmen eingehend und mit unterschiedlichen Fallkonstellationen beschrieben. Wir gehen davon aus, das Ministerium und die Prüfbehörde entsprechend sensibilisiert zu haben.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat gemeinsam mit der Prüfbehörde das als Anlage beigefügte Schreiben verfasst, aus dem die Möglichkeit der Fristverlängerung zur Abgabe der finalen Selbsterklärung hervorgeht.
Kann die Frist ohne Verschulden nicht eingehalten werden, so besteht die Möglichkeit über das Online-Antragsportal der Prüfbehörde (Link) die Frist zu verlängern. Gemäß der zwischenzeitlich aktualisierten FAQ-Liste des Ministeriums liegen begründete Fälle dann vor, wenn z. B. der testierte Jahresabschluss für das Jahr 2023 noch nicht vorliegt oder die Prüfung von relevanten Input-Größen noch nicht abgeschlossen werden konnte, vgl. FAQ-Liste “Höchstgrenzen, Selbsterklärungen sowie Überwachungen durch die Prüfbehörde nach EWPBG und StromPBG” des BMWK Seite 41, Version 14.1 vom 25. März 2024: Link

Mit der Fristverlängerung soll dem aus dem Verwaltungsrecht bekannten Gedanken der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei unverschuldeten Umständen auf Seiten des Letztverbrauchers bzw. Kunden Rechnung getragen werden. Die Fristverlängerungen sollen dabei standardisiert um drei Monate bis zum 2. September 2024 gewährt werden. In diesen Fällen verlängert sich nicht nur die Frist für das Unternehmen, sondern es verlängern sich auch die mit der finalen Selbsterklärung in Verbindung stehenden Fristen für die Lieferanten. Im Übrigen wird auf die Anlage nebst den dort entsprechend angegebenen Verlinkungen verwiesen.

Das oben Genannte gilt auch für finale Selbsterklärungen verbundener Unternehmen. Insbesondere kommunale Wohnungsunternehmen können hiervon betroffen sein. Einem Unternehmensverbund ist es aber unbenommen, eine einheitliche Gesamtaufstellung für alle Verbundunternehmen mit sämtlichen Informationen zu erstellen und diese allen Lieferanten zu übermitteln.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nach dem hier vertretenen Verständnis auch Schätzungen zur Ermittlung der tatsächlich gewährten Entlastungsbeträge zur Einhaltung der Frist ausreichen können. Sofern sich bei Vorlage sämtlicher Abrechnungen herausstellt, dass mit Blick auf die für das Unternehmen bzw. den Unternehmensverbund geltende Höchstgrenze eine Überzahlung vorliegt (1 Cent reicht aus), hat eine formlose Mitteilung an die Prüfbehörde über die Überzahlung zu erfolgen. Diese ist zurückzuerstatten. Die Mitteilung über die Überzahlung ist an keine Frist gebunden.

Über den weiteren Verlauf, insbesondere über die Antwort der Ministerien werden wir Sie informieren und in Kenntnis der Antwort dezidiert auf die Problematik mit weiteren Handlungsempfehlungen eingehen.

Rundschreiben zum Download
Anlage

Neues Rundschreiben – Pflicht zur Registrierung bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) für verpflichtete Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte

Nach dem Geldwäschegesetz (GwG) verpflichtete Rechtsanwälte (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG) haben sich unabhängig von der Abgabe einer Verdachtsmeldung bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) elektronisch zu registrieren (§ 45 Abs. 1 Satz 2 GwG). Wir berichteten in der vdw aktuell 37/2024.

Die Pflicht zur Registrierung besteht, sobald die Inbetriebnahme des neuen Informationsverbundes der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht wird, spätestens jedoch seit dem 1. Januar 2024.

In diesem Rundschreiben wird dargestellt, ob selbstständige Rechtsanwälte, Syndikusrechtsanwälte oder nicht als Syndikusrechtsanwalt zugelassene Unternehmensjuristen, die bei Unternehmen oder Verbänden angestellt sind, als Verpflichtete gem. § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG gelten und sich bei der FIU registrieren müssen.

Download Rundschreiben

Mietrecht: Korrektur der Dezember-Soforthilfe aus 2022

§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, §§ 1-15 EWSG

Woher kommt die Entlastung?

Das Entlastungspaket der Bundesregierung beläuft sich auf nahezu 300 Milliarden Euro und zielt darauf ab, Bürgerinnen und Bürger finanziell zu unterstützen. Ein besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, die in der Vergangenheit teilweise erheblich gestiegenen Energiekosten zu reduzieren. Der als Energie-Rabatt ausgestaltete Dezember-Abschlag 2022 für Gas und Wärme entlastete Endverbraucherinnen und -verbraucher, indem die Gasversorger und Wärmeversorgungsunternehmen ihre Kundschaft, in unserem Fall die Wohnungsunternehmen, für deren Dezember-Zahlungen finanziell entschädigten. Entweder durch Verzicht auf eine im Dezember fällige Voraus- oder Abschlagszahlung oder durch eine direkte Zahlung an die Wohnungsunternehmen. Auch eine Kombination aus beiden Elementen war möglich.

Rechtsgrundlage bildet das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG), das am 19.11.2022 in Kraft getreten ist. Im Jahr 2023 folgten weitere Entlastungen, die ab Januar 2024 eingestellt werden sollen.

Wie erreichte das Geld die Mieterinnen und Mieter?

Mieterinnen und Mieter ohne eigenen Gasliefervertrag begleichen ihre Kosten über die Betriebskostenabrechnung. Die Höhe der Entlastung wird gem. § 2 Abs. 2 EWSG berechnet. Das Wohnungsunternehmen hat die erhaltene Entlastung in dieser Höhe gemäß § 5 Abs. 1 EWSG in der Regel in der Betriebskostenabrechnung 2022 an seine Mieterinnen und Mieter weitergegeben.

Was passiert, wenn die Entlastung zu hoch ausgefallen ist?

Der im Auftrag des Bundes von PWC (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) per Bescheid an den Gasversorger bzw. das Wärmeversorgungsunternehmen gezahlte Entlastungsbetrag kann durch Änderung dieses Bescheides wieder gekürzt werden, beispielsweise aufgrund von Berechnungsfehlern. Als Folge davon entsteht ein Rückforderungsanspruch des Versorgers gegenüber dem Wohnungsunternehmen.

Sollte ein Wohnungsunternehmen einen zu hohen Entlastungsbetrag über die Betriebskostenabrechnung ausgezahlt haben, ist es auch in seinem Interesse, dies zu korrigieren. Das EWSG sieht keinen eigenständigen Rückerstattungsanspruch des Vermieters, in unserem Fall des Wohnungsunternehmens, wegen zu hoher an seine Mieterinnen und Mieter gewährter Entlastungen, vor.

Rechtliche Erwägungen:

Ob die Regelungen des BGB zur Korrektur von fehlerhaften Betriebskostenabrechnungen anwendbar sind, kann nach derzeitigem Kenntnisstand nicht mit Sicherheit gesagt werden. Um sicherzugehen, sollte aber vorrangig versucht werden, diese Regelungen einzuhalten:
„§ 556 (3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.“

Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ist die Geltendmachung von Nachforderungen durch den Vermieter zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums ausgeschlossen. Das bedeutet, dass, wenn das Abrechnungsjahr dem Kalenderjahr entspricht, grundsätzlich noch in diesem Jahr die Rückforderung bei den Mietern in Rechnung gestellt werden soll. Sollte dies zeitlich nicht mehr umsetzbar sein, so müsste die Korrektur so schnell wie möglich erfolgen und darauf gestützt werden, dass man die Nichteinhaltung der Jahresabrechnungsfrist nicht zu vertreten hat.

Die Korrektur sollte durch den Vermieter in „aktiver“ Weise, d.h. durch Geltendmachung der Zahlung und nicht durch Verrechnung/Aufrechnung gegen ein mögliches BK-Guthaben aus der nachfolgenden Abrechnungsperiode, zeitnah geschehen. Um eine Berechnung des auf jeden Mieter entfallenden Anteils der Rückforderung kommt man dabei nicht herum. Eine vollständig neue Betriebskostenabrechnung, die auch noch anderer Betriebskostenpositionen enthält, ist nicht erforderlich. Wählt ein Wohnungsunternehmen dennoch den Weg der Aufrechnung, dann könnte trotzdem die Notwendigkeit entstehen, den Anspruch „aktiv“ geltend zu machen. Nämlich dann, falls kein Guthaben zur Verfügung steht und die Mietpartei zur BK-Nachzahlung verpflichtet ist.

Sollte aus rechtlichen Gründen eine Rückforderung nicht auf Grund der betriebskostenrechtlichen Regelungen möglich sein, so müsste man sich der Mietpartei gegenüber auf einen Anspruch aus § 812 BGB wegen ungerechtfertigter Bereicherung berufen können, da dieser durch die zu viel erhaltene Entlastung ungerechtfertigt bereichert ist. Hier müsste argumentiert werden, dass die Dezember-Soforthilfe als staatliche Subvention an die Mieter weitergeleitet wurde. Dies erfolgte lediglich aus praktischen Gründen über die Betriebskostenabrechnung des Wohnungsunternehmens.

Verpflichtungen von Wohnungsvermietern nach Maßgabe der EG-Verordnung zur Terrorismusbekämpfung insbesondere bei Untervermietung

Bereits in den Jahren 2001 und zuletzt 2015 haben wir über die Verordnungen (EG) Nr. 2580/2001 und (EG) Nr. 881/2002 zur Terrorismusbekämpfung informiert. Diese ordnen an, dass den in den entsprechenden Anhängen zu den Verordnungen aufgeführten Personen und Einrichtungen (sog. “Sanktionslisten”) weder direkt noch indirekt Gelder, andere finanzielle Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Insbesondere bei der Erlaubnis zur Untervermietung haben Unternehmen bei Anhaltspunkten vorbeugende Maßnahmen zur Beachtung der EG-Verordnungen zu treffen.

Der Begriff der wirtschaftlichen Ressource umfasst zunächst jede Art von Vermögenswerten, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind. Erfasst werden also auch Vermögenswerte, die keine Gelder sind, aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können.

Allerdings haben die o. g. Verordnungen nicht die Verhinderung einer nur persönlichen Verwendung wirtschaftlicher Ressourcen zu Verbrauchszwecken zum Ziel. Nach Mitteilung aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom 18.07.2008 dient die Anmietung zu Wohnzwecken grundsätzlich der persönlichen Verwendung zu Ver- bzw. Gebrauchszwecken. Gemietete Wohnräume sind demnach grundsätzlich keine wirtschaftlichen Ressourcen im Sinne der o. g. Verordnungen. Dementsprechend sind Vermieter grundsätzlich nicht verpflichtet, die Identität der Mieter mit den Namens- bzw. Sanktionslisten abzugleichen.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn für den Vermieter absehbar ist, dass der Wohnraum auch für den Erwerb von Geldern verwendet werden soll, etwa durch Untervermietung. In diesem Fall ist etwa im Rahmen der Erteilung einer Erlaubnis für die Gebrauchsüberlassung an Dritte (vgl. § 540 Abs. 1 BGB) die Frage eines Abgleichs des Namens des Mieters mit den Namenslisten der Sanktionslisten durchzuführen. Dieser Abgleich könnte auch automatisch durch entsprechende Softwareanbieter erfolgen.

Eine Aktualisierung der Sanktionslisten findet sich etwa unter diesem Link

 

Bafa-Merkblatt

Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle nach dem HinSchG

Ab dem 17. Dezember 2023 gilt die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle nach § 12 Abs. 1 HinSchG für alle privatwirtschaftlichen und kommunalen Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Verstoß gegen das HinSchG oder das Unterlassen der Einrichtung einer internen Meldestelle bußgeldbewehrt.

Wie informiert, können wir Sie rechts- und branchenkompetent unterstützen und für Sie sowohl Einrichtung als auch Betrieb der Meldestellen-Funktion nach dem HinSchG übernehmen. Hierbei gewährleisten wir die berufsrechtlich bzw. anwaltlich gebotene Vertraulichkeit und Verschwiegenheit.

Kommen Sie bei Interesse an den vertraglichen Konditionen gerne auf Ihre Ansprechpartnerin Dr. Julia Betz zu.

Kontakt:
Dr. Julia Betz
Rechtsanwältin
Tel.: +49 89 290020-422
E-Mail: julia.betz@bavaria-legal.de

BGH zur Untervermietung einer Nebenwohnung aus beruflichen Gründen – Anforderungen an das „berechtigte Interesse“ des Mieters im Sinne des § 553 BGB

BGH vom 27.9.2023 (VIII ZR 88/22)

Wir hatten kürzlich (vdw aktuell 41/2023) über die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Untervermietung einer Einzimmerwohnung berichtet (BGH vom 13.9.2023 ,VIII ZR 109/22). Dort hatte der BGH die Anforderungen, die an ein „berechtigtes Interesse“ des Mieters gestellt werden können, reduziert, und dem Mieter auch bei Untervermietung einer Einzimmerwohnung ein berechtigtes Interesse nach § 553 Abs.1, S.1 BGB zuerkannt. In die gleiche Richtung geht die nun veröffentlichte Entscheidung vom 27.9.2023 (VIII ZR 88/22), welche zahlreiche Einzelfragen zur Untervermietung aufgreift.

Im Fall ging es um eine aus beruflichen Gründen genutzte Nebenwohnung des Mieters. Der Mieter hatte eine etwa 73 m2 große Dreizimmerwohnung angemietet, in welcher er mit seiner Familie auch wohnte. Später zog er mit seiner Familie in eine Doppelhaushälfte, die am Stadtrand liegt und die von der Mietwohnung rund 17 Kilometer entfernt ist. Der Mieter beabsichtigte, die Wohnung aus beruflichen Gründen weiterhin zu nutzen. Er trug vor, dass er Geschäftsführer einer ortsansässigen internationalen Spedition sei, die etwa zehn Gehminuten von der Wohnung entfernt liegt. Durch die internationale Ausrichtung seiner beruflichen Tätigkeit beginne sein Arbeitstag häufig früh und ende nach längeren Pausen am Nachmittag erst nachts gegen 2 Uhr. Der Mieter trug weiter vor, dass er die Mietwohnung unterhalb der Arbeitswoche zum Ausruhen tagsüber nutze sowie dort zwei bis drei Mal wöchentlich übernachte, um sich die Fahrtzeit zwischen der Doppelhaushälfte und seiner Arbeitsstätte zu ersparen (zwar räumlich nur 20 Kilometer, jedoch Fahrtzeit mindestens 40 Minuten). In einem ersten Schritt hatte der Mieter von seinem Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung eines Teils der Wohnung zwar erhalten, jedoch nur befristet. Spätere Begehren des Mieters auf Zustimmung hatte der Vermieter dann abgelehnt, obwohl der Mieter zwei namentlich genannte Personen angegeben hatte. Das Amtsgericht erkannte den Anspruch des Mieters auf Zustimmung an. Das Landgericht lehnte einen Anspruch des Mieters auf Zustimmung zur Untervermietung u.a. mit der Begründung ab, dass die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung „ausschließlich zur Erzielung von (Unter-) Mieteinnahmen erfolge, um die Kosten für die Doppelhaushälfte zu reduzieren“. Die Vorschrift des § 553 BGB diene ausschließlich dem Bestandsschutz des Mietverhältnisses, nicht aber der Erzielung von Untermieteinnahmen. Andernfalls liefe dies auf eine uferlose Anwendung des § 553 BGB, und hierdurch auf die Schaffung einer „institutionellen Erwerbsquelle“ des Wohnraummieters hinaus. Es müsse sich, so das Landgericht weiter, zudem um den Hauptwohnsitz des Mieters handeln. Auch sei der Übernachtungsturnus des Mieters zu gering. Es war noch vorgetragen worden, dass sich der Mieter in den Räumlichkeiten seiner Spedition einen „geschützten Raum“ durch Anbringung von „Raumteilern“ schaffen könnte.

Der Bundesgerichtshof folgte dem nicht und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Er verwies den Fall zur neuen Beurteilung zurück und stellte hierzu klar:

Das Landgericht gehe von einem zu engen Verständnis des § 553 Abs.1, S.1 BGB aus. Ein Interesse des Mieters sei schon dann anzunehmen, wenn ihm „vernünftige“ Gründe zur Seite stehen. Ein „dringendes“ Interesse, wie zur Geltung des vormaligen Mietrechts (bis zum Jahr 2001), sei gerade nicht mehr erforderlich. Es genüge ein „berechtigtes“ Interesse. Ein solches sei schon dann anzunehmen, wenn dem Mieter „vernünftige“ Gründe zur Seite stünden, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen. Als „berechtigt“ sei daher jedes Interesse des Mieters von „nicht ganz unerheblichem“ Gewicht anzusehen, das „mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang“ stehe. Hier verweist der Bundesgerichtshof auf seine Entscheidung vom 13.9.2023 (VIII ZR 109/22, zum verbleibenden Gewahrsam im Fall einer Einzimmerwohnung). Der Wunsch des Mieters nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen sei grundsätzlich als „berechtigtes“ Interesse im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs.1, S.1 BGB anzuerkennen. Der Gesetzgeber habe mit der Schaffung der Norm erkennbar u.a. die Absicht verfolgt, dem Mieter eine Kostenentlastung durch eine Untervermietung zu ermöglichen. Die tatsächlichen Umstände, die das Vorliegen eines berechtigten Interesses begründen sollen, seien umfassend zu würdigen (weitere Fälle: berufsbedingte doppelte Haushaltsführung, BGH vom 23.11.2005, VIII ZR 4/05; mehrjähriger berufsbedingter Auslandsaufenthalt, BGH vom 11.06.2014, VIII ZR 349/13; Beteiligung des Untermieters an der Miete nach Auszug des bisherigen Mitbewohners, BGH vom 31.1.2018, VIII ZR 105/17).

Das Berufungsgericht habe bereits im Ausgangspunkt verkannt, dass ein berechtigtes Interesse im sinne des § 553 BGB nicht voraussetzt, dass dieses Interesse im Wesentlichen den fortdauernden Bestand eines Hauptwohnsitzes betreffe, hiermit im Zusammenhang stehe oder diesem im Gewicht gleichkommen müsse. Es seien durch § 553 BGB, so der Bundesgerichtshof weiter, keine qualitativen Anforderungen bezüglich der verbleibenden Nutzung des Wohnraums durch den Mieter aufgestellt. Neben dem berechtigten Interesse des Mieters sei entscheidend, dass der Mieter „nur einen Teil“ des Wohnraums einem Dritten überlässt. Hiervon sei regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Es genügt dafür jedenfalls, wenn der Mieter ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu lagern und/oder dieses gelegentlich zu Übernachtungszwecken (Urlaub, kurzzeitiger Aufenthalt) zu nutzen. Daher sei es nicht erforderlich, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibe. Dafür, dass der Gesetzgeber lediglich den Schutz nur eines Mietverhältnisses sicherstellen wollte, gebe es keine Anhaltspunkte oder Stütze im Gesetz. Der Zweck des § 553 BGB bestehe demnach darin, dem Mieter die Wohnung, an der er festhalten will, zu erhalten. Es bleibe dem Mieter, seinen persönlichen Vorstellungen und seiner freien Entscheidung, überlassen, wo er im herkömmlichen Sinne wohnt. Ein Mietvertrag verpflichte den Mieter nicht, seinen Lebensmittelpunkt im Sinne des Hauptwohnsitzes zu begründen.

Das Vorliegen eines berechtigten Interesses erfordere nicht, dass es dem Mieter bezogen auf die konkrete Höhe seiner Einkünfte und seines Vermögens nicht möglich sei, das Mietverhältnis auch ohne die Inanspruchnahme von Untermieteinnahmen fortzusetzen. Vielmehr reiche jedes nachvollziehbare Interesse an einer finanziellen Ersparnis aus. Die Nutzung einer Wohnung als Nebenwohnung stelle nicht nur einen „bloßen Komfortzuwachs“ dar. Der Umstand, dass der Mieter in der untervermieteten Wohnung nicht seinen Hauptwohnsitz unterhalte, stelle auch keinen Widerspruch zur „geltenden Rechts- und Sozialordnung“ dar, so der Bundesgerichtshof weiter. Die Erzielung von Untermieteinnahmen stehe auch in den Lagen eines angespannten Wohnungsmarktes einem berechtigten Interesse nicht entgegen. Hierbei handele es sich um Fragen der Wohnungspolitik oder gesellschaftlichen Diskussion.

Anmerkung

Der Bundesgerichtshof komplettiert nun mit den beiden diesjährigen „Herbst-Entscheidungen“ vom 13. 9. und vom 27.9.2023 seine schon bisher erkennbare Tendenz: Dem Mieter von Wohnraum soll es nicht schwergemacht werden, seine Wohnung unterzuvermieten. Entscheidend ist hierbei allerdings, dass es sich nur um einen „Teil“ der Wohnung handeln darf. Aber auch an die Voraussetzungen für diesen „Teil“ werden nicht allzu hohe Anforderungen gestellt, wie die Entscheidung vom 13.9.2023 zeigt (Einzimmerwohnung). Der Bundesgerichtshof erwähnt auch das in der heutigen Gesellschaft verstärkte Bedürfnis der Bewohner nach Flexibilität, beruflich, wie persönlich.

Für Wohnungsgenossenschaften dürften sich keine Erleichterungen ergeben. Denn solange der Mieter, der auch Mitglied ist, noch Gewahrsam an der Wohnung hat, „bewohnt“ er diese im Sinne der vorgenannten Ausführungen des Gerichts. Die beiden Entscheidungen dürften die Erfolgsaussichten für ein genossenschaftliches Ausschlussverfahren wegen Haltens einer Zweitwohnung weiter absenken, zumindest solange eine entsprechende Interessenlage, wie im Fall gegeben, vorliegt (regelmäßige Nutzung der Wohnung). Ein Ausschlussverfahren wegen eines definitiv vollständigen Leerstehenlassens einer Genossenschaftswohnung (sog. „Reserve-Wohnung“ oder „Ferienwohnung“), insbesondere in einem Gebiet mit erheblichem allgemeinen Wohnraumbedarf und bei einem Versorgungsbedarf anderer Genossenschaftsmitglieder, dürfte aber nach wie vor Aussichten auf Erfolg haben, insbesondere, falls eine entsprechende Satzungsregelung vorhanden ist.

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