Mit seiner am 21.10.2023 bekannt gewordenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 13.09.2023 hat dieser die Rechte des Mieters bei einem Anspruch auf Untervermietung gestärkt:
1. Der Sachverhalt
Der Mieter einer Drei-Zimmer-Wohnung in Berlin verlangte von seinem Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung zweier Zimmer. Er bewohnt die Wohnung seit 2014, zog dann aber mit seiner inzwischen gewachsenen Familie an den Stadtrand. Seine Berliner Wohnung behielt der Mieter bei und trug vor, von dort aus seine Arbeitsstätte in zehn Gehminuten erreichen zu können. Als Geschäftsführer einer Spedition für Geschäfte in Asien müsse er oft auch nachts arbeiten und übernachte dann auch in Berlin. Daher behalte er ein Zimmer der Wohnung für sich und vermietete die anderen beiden Zimmer unter. Der Vermieter willigte in die Untervermietung nur für ein Jahr ein und verweigerte eine Verlängerung.
2. Die Entscheidung
Nach Ansicht des BGH sei die Vorinstanz rechtsfehlerhaft von einem zu engen Verständnis des Begriffs des berechtigten Interesses des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen. Ein solches Interesse sei schon immer dann anzunehmen, wenn vernünftige Gründe zur Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte bestehen, es sei denn, dieses Interesse stehe nicht im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung. Die Kostenentlastung dadurch, dass ein Untervermieter faktisch einen Teil des Mietzinses übernimmt, bezeichnete der BGH als einen klassischen Fall des berechtigten Interesses.
Ob die Wohnung Hauptwohnsitz oder nur eine Nebenwohnung sei, war für den BGH nicht entscheidend. Entscheidend sei, dass der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgebe. Zweck von § 553 Abs. 1 BGB sei es, dem Mieter die Wohnung, an der er festhalten will, zu erhalten. Der Gesetzgeber habe die Formulierung in der Vorgängernorm § 549 Abs. 2 BGB von “dringendem Interesse” zu “berechtigtem Interesse” geändert und damit den Anwendungsbereich zugunsten des Mieters erweitert.
Nach BGH “gehen daher die berechtigten Interessen des Mieters den Interessen des Vermieters grundsätzlich vor. Sie haben nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre”. Der Zweck des § 553 Abs. 1 BGB liege auch darin, die Mobilität und Flexibilität zu erhalten, wenn der Mieter etwa aus beruflichen Gründen einen doppelten Haushalt führen müsse.
Ob die vom klagenden Mieter vorgetragene Nutzung aus beruflichen Gründen zwingend sei oder nur einen “bloßen Komfortzuwachs” bilde, war für den BGH unerheblich.
Das Landgericht Berlin muss nun neu über den Fall verhandeln. (Az.: VIII ZR 88/22)
3. Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft
Die Entscheidung weitet den Tatbestand des erheblichen Interesses an einer Untervermietung zugunsten des Mieters erheblich aus. Sie bestätigt auch die bisherige Rechtsprechung einer weiten Auslegung des Begriffs “berechtigtes Interesse“.
So hat der BGH die Untervermietung einer Einzimmerwohnung für zulässig erklärt und gemeint, dass es dabei nicht darauf ankomme, ob die Wohnung noch Lebensmittelpunkt des Mieters sei (BGH, Urteil vom 13.09.2023 – VIII ZR 109/229). Im Kern reichen vernünftige und nachvollziehbare Gründe aus, um ein berechtigtes Interesse für den Mieter zu bejahen.
Zum Schutz gegenläufiger Belange des Vermieters sollte der Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung an Dritte dann ausgeschlossen sein, wenn sie dem Vermieter wegen eines wichtigen Grundes in der Person des Untermieters, wegen einer Überbelegung des Wohnraums oder aus sonstigen Gründen nicht zuzumuten ist. Allerdings weist der BGH auch darauf hin, dass die Interessen des Mieters gegenüber den Interessen des Vermieters grundsätzlich vorgehen. Sie haben nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre. Dies darzulegen dürfte für den Vermieter mit Schwierigkeiten verbunden sein.