BGH-Urteil vom 16.12.2020, Az. VIII ZR 367/18
Der BGH entschied mit seinem Urteil vom 13.12.2020, dass nach einer Mieterhöhung gemäß §§ 558 ff. BGB auf Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete eine Mieterhöhung gemäß §§ 559 ff. BGB auf Grundlage der umlegbaren Modernisierungskosten möglich ist. In diesem Fall ist die nachfolgend geltend gemachte Modernisierungserhöhung der Höhe nach begrenzt auf die Differenz zwischen dem nach § 559 BGB möglichen Erhöhungsbetrag und dem Betrag, um den die Miete bereits zuvor nach §§ 558 ff. BGB heraufgesetzt wurde, so dass die beiden Mieterhöhungen in der Summe den Betrag, den der Vermieter bei einer allein auf
§ 559 BGB gestützten Mieterhöhung verlangen könnte, nicht übersteigen.
Die Mieterin mietete von der Vermieterin eine Wohnung in Berlin. Mit Schreiben vom 19.12.2008 und vom 3.2.2009 kündigte die Vermieterin der Mieterin die Durchführung verschiedener baulicher Veränderungen in der Wohnung an. Diese wurden im Jahr 2010 durchgeführt. Unter anderem wurde die in der Wohnung befindliche Toilette zu einem Bad ausgebaut.
Nach Abschluss der Arbeiten forderte die Vermieterin die Mieterin unter Bezugnahme auf sechs mit einem Bad ausgestattete Vergleichswohnungen auf, zwecks Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) einer Erhöhung der monatlichen Nettomiete von 186,61 Euro um 37,32 Euro auf insgesamt 223,93 Euro ab dem 1. Januar 2011 zuzustimmen. Die Mieterin erteilte die Zustimmung.
Mit weiterem Schreiben vom 30. August 2011 verlangte die Vermieterin zusätzlich eine Modernisierungsmieterhöhung (§ 559 BGB) um 116,53 Euro monatlich ab dem 1.5.2012. Auf den Widerspruch der Mieterin reduzierte die Vermieterin den Modernisierungszuschlag um den bereits im Jahr 2010 vereinbarten Mieterhöhungsbetrag (37,32 Euro) auf 79,21 Euro. Diesen zuletzt verlangten Erhöhungsbetrag entrichtete die Mieterin nach Mahnung lediglich unter Vorbehalt.
Das Amtsgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben. Nach einem langen Instanzenweg u. a. über das Bundesverfassungsgericht wegen Nichtzulassung der Revision kam der Rechtsstreit schließlich zum BGH, der wie folgt entschied:
Die Vermieterin hat die monatliche Nettokaltmiete wirksam gemäß §§ 559, 559b BGB um 79,21 Euro erhöht. An dieser Erhöhung war die Vermieterin nicht infolge der vorangegangenen Erhöhung der Miete gemäß §§ 558 ff. BGB gehindert.
Nach § 559 Abs. 1 BGB kann ein Vermieter nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen die jährliche Miete um entsprechend dem jeweiligen Anteil an den für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.
An einer Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB war die Vermieterin nicht dadurch gehindert, weil sie zuvor, unmittelbar nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten, bereits eine Erhöhung der Miete gemäß §§ 558 ff. BGB auf Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete für den modernisierten Wohnraum durchgesetzt hat. Dies führt lediglich dazu, dass die (nachfolgend) geltend gemachte Modernisierungserhöhung der Höhe nach begrenzt ist auf die Differenz zwischen dem allein nach § 559 Abs. 1 BGB möglichen

Erhöhungsbetrag und dem Betrag, um den die Miete bereits zuvor nach §§ 558 ff. BGB heraufgesetzt wurde, so dass die beiden Mieterhöhungen in der Summe den Betrag, den der Vermieter bei einer allein auf § 559 BGB [aF] gestützten Mieterhöhung verlangen könnte, nicht übersteigen.
Der BGH bekräftigt daher mehrere Alternativen: Einerseits steht es dem Vermieter frei, im Anschluss an die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme die Miete nach §§ 558 ff. BGB zu erhöhen, sich also die aufgrund des modernisierten Zustands gestiegene Vergleichsmiete zunutze zu machen, oder nach §§ 559 ff. BGB vorzugehen, also die aufgewendeten Modernisierungskosten auf den Mieter umzulegen. Wählt er diesen Weg oder einigen sich die Mietvertragsparteien wegen durchgeführter Modernisierungsmaßnahmen auf eine – nach § 559 BGB auch einseitig durchsetzbare – Mieterhöhung und bleibt die auf diese Weise erhöhte Miete hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete für entsprechend modernisierten Wohnraum zurück, ist es dem Vermieter unbenommen, anschließend die Zustimmung des Mieters zu einer weiteren Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 BGB zu verlangen. Dass das Gesetz ein solches Vorgehen erlaubt, zeigt sich nicht zuletzt an den Regelungen des § 558 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 BGB, wonach Mieterhöhungen nach § 559 BGB sowohl bei der Warte- und der Jahresfrist nach § 558 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB als auch bei der Berechnung der Kappungsgrenze nach § 558 Abs. 3 BGB unberücksichtigt bleiben.
Im vorliegenden Fall ging die Vermieterin andersherum vor, sie erhöhte zuerst gemäß § 558 BGB und anschließend gemäß § 559 BGB.
Eine ungerechtfertigte mehrfache Berücksichtigung der Modernisierung zu Lasten des Mieters ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter nach einer Vergleichsmietenerhöhung auf der Grundlage des modernisierten Wohnungszustandes (§ 558 BGB) zusätzlich einen Modernisierungszuschlag (§ 559 BGB ) verlangt, der nur so hoch ist, dass beide Mieterhöhungen zusammen nicht den Betrag übersteigen, den der Vermieter bei einer allein auf§ 559 BGB gestützten Mieterhöhung fordern könnte.
Vor einer ungerechtfertigten „doppelten” Belastung mit Mieterhöhungen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Modernisierung wird der Mieter in diesen Fällen (ausreichend) geschützt, wenn der vom Vermieter geltend gemachte, für sich betrachtet zulässige, Modernisierungszuschlag gem. § 559 BGB um den Erhöhungsbetrag gekürzt wird, der bereits nach § 558 BGB unter Zugrundelegung des modernisierten Wohnungszustands verlangt wurde.
Anmerkung:

Nach Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen sind damit folgende drei Erhöhungswege möglich:
  1. Der Vermieter erhöht zunächst die bisherige Miete um den nach §§ 559ff. BGB zulässigen Betrag und danach erhöht er die Miete gemäß §§ 558ff. BGB bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete unter Berücksichtigung des modernisierten Zustandes.
  2. Der Vermieter erhöht zunächst gemäß § 558 ff. BGB die Miete unter Berücksichtigung des modernisierten Zustandes und erhöht dann um einen Differenzbetrag zwischen der ursprüngliche Miete für die nicht modernisierte Wohnung zzgl. des Betrages für die Mieterhöhung nach § 559 BGB abzüglich des Erhöhungsbetrages gemäß § 558 BGB.
  3. Der Vermieter erhöht zunächst die bisherigen Miete gemäß
    § 558 BGB für die Wohnung ausgehend vom nicht modernisierten Zustand bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete und führt dann eine Mieterhöhung gemäß § 559 BGB in dem Umfang durch, wie § 559 BGB es zulässt. Bei Alternative 3 muss aus dem Erhöhungsschreiben für die Erhöhung nach § 558 BGB deutlich hervorgehen, dass der nicht modernisierte Zustand dem Erhöhungsschreiben zu Grunde gelegt wurde, da anderenfalls der Mieter davon ausgehen muss, dass der gegenwärtige Zustand die Basis für die Erhöhung darstellt. Sind die Bauarbeiten noch nicht beendet, ist dies nicht erforderlich.