In einer Entscheidung vom April 2022 befasste sich der BGH mit der Frage des Mieterwechsels innerhalb von Wohngemeinschaften (BGH, Urteil vom 27.4.2022, Az.VIII ZR 304/21). Die Kläger begehren als Mieter einer Wohnung der Beklagten von dieser die Zustimmung zu einem Austausch einzelner Mieter. In der ersten Instanz bekamen die Kläger Recht, in der Berufung gewann der Beklagte. Der BGH schloss sich der Entscheidung des Berufungsgerichtes an.

Leitsätze:

a)
Enthält ein Mietvertrag mit mehreren Mietern, die eine Wohngemeinschaft bilden, zu einem Austausch einzelner Mieter keine Regelung, ist im Wege einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung der auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien den Mietern ein Anspruch gegen den Vermieter auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel zustehen sollte.

b)
Allein aus dem Vorliegen eines Mietvertrags mit mehreren Mietern, die eine Wohngemeinschaft bilden, kann nicht auf einen derartigen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien geschlossen werden. Vielmehr bedarf es hierfür konkreter Anhaltspunkte.

c)
Nach den Umständen des Einzelfalls kann den Willenserklärungen der Parteien die Vereinbarung eines – unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit des eintretenden Mieters stehenden – Anspruchs der Mieter auf Zustimmung zum Austausch eines Mitmieters insbesondere dann zu entnehmen sein, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend davon ausgingen, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Bedarf für eine Änderung der Zusammensetzung der in der Wohnung lebenden Personen ergeben kann, weil die Mieter voraussichtlich auf Grund ihrer persönlichen Lebensumstände bereits bei Vertragsschluss absehbar nur für einen kurzen Zeitraum an dem jeweiligen Ort leben werden und eine vertragliche Bindung über diesen Zeitraum hinaus nicht eingehen wollen. Dies kann insbesondere bei der Vermietung an Studenten, die eine Wohngemeinschaft bilden, der Fall sein.

Sachverhalt:

Mit Mietvertrag vom 19. August 2013 vermietete die beklagte Vermieterin eine Wohnung mit sieben Zimmern an insgesamt sechs männliche Personen der Jahrgänge 1979 bis 1988. Noch vor Vertragsschluss war einer der in dem vorgedruckten Mietvertragsformular bereits aufgeführten potentiellen Mieter handschriftlich durch eine andere Person ersetzt worden, die zusammen mit den in der Vertragsurkunde aufgeführten weiteren fünf Mitmietern den Mietvertrag unterzeichnete. Mit Nachtrag 1 nach Vertragsabschluss vereinbarten die Vermieterin, die damaligen Mieter und sechs weitere Personen, dass fünf der bisherigen Mieter aus dem Mietverhältnis ausscheiden und dieses mit dem verbleibenden Mieter sowie den sechs hinzukommenden Personen als Mieter fortgesetzt werde und die neuen Mieter sowohl hinsichtlich der Abrechnung der Vorauszahlungen auf Betriebskosten als auch hinsichtlich des tatsächlichen Zustands der Wohnung so gestellt würden, als seien sie von vornherein Vertragspartei gewesen. Zugleich wurde die monatliche Grundmiete erhöht.

In einem zweiten Nachtrag wurde vereinbart, dass einer der im Februar 2017 eingetretenen Mieter wieder ausscheidet und das Mietverhältnis stattdessen mit einer neu eintretenden Person fortgesetzt wird. Diese Vereinbarung enthielt zu den Rechten und Pflichten des eintretenden Mieters dieselben Regelungen wie der erste Nachtrag, wobei die Miete nicht erhöht wurde. Im Oktober 2019 begehrten die Kläger von der Beklagten die Zustimmung zu einem Austausch von vier der Mieter, was die Beklagte ablehnte. Die vier Personen, die nach dem Wunsch der Kläger in das Mietverhältnis eintreten sollen, wohnen bereits im Wege eines Untermietverhältnisses anstelle der vier Kläger, die aus dem Mietverhältnis ausscheiden wollen, in der streitgegenständlichen Wohnung.

Kernargumente des BGH:

Vorliegend ist nicht eine Wohngemeinschaft in Form einer Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgetreten, sondern die Wohnung wurde von sechs natürlichen Personen angemietet. Auch anlässlich eines zweifachen Mieterwechsel wurden mietvertragliche Änderungen – dieser Vertragskonstruktion entsprechend – zwischen den bisherigen Mietern, den neuen Mietern und der Beklagten vereinbart.

Damit bedarf eine Änderung des Mietvertrags auch für weitere Fälle grundsätzlich einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den bisherigen Vertragsparteien und einer neu hinzutretenden Person.

Etwas anderes würde dann gelten, wenn im Mietvertrag oder in Nachträgen hierzu vereinbart wäre, dass den Mietern ein Anspruch auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel zustehen soll oder eine solche Einwilligung vorab erteilt wird. Ein derartiger Parteiwille war hier aber weder ausdrücklich ersichtlich noch waren Anhaltspunkte vorhanden, welche eine Auslegung dahingehend zugelassen hätten, dass der Vermieter die für ihn im Vergleich zur gesetzlichen Lage vorhandenen Nachteile eines Rechts der Mieter zum Mieterwechsel in Kauf nehmen wollte.

Eine Auslegung des Mietvertrages im Rahmen einer Wohngemeinschaft zu Gunsten des Rechts der Mieter auf einen Mieterwechsel setzt voraus, dass dem Vermieter diese Umstände vor Vertragsschluss bekannt sind und er sich bewusst und ohne Vorbehalt in Kenntnis der voraussichtlich zu erwartenden Fluktuation zu einem Mietvertrag mit mehreren derartigen Mietern entscheidet. Allein daraus, dass er mehrfach Mieterwechseln zustimmt, kann dies hingegen nicht geschlossen werden.

Ein Anspruch auf Zustimmung zu erneuten Mieterwechseln ergibt sich vorliegend auch nicht aus § 242 BGB oder aus § 241 Abs. 2 BGB. Die Gebote der Rücksichtnahme und von Treu und Glauben verlangen dem Vermieter nicht ab, nach vorangehenden Zugeständnissen Nachteile hinzunehmen und dem Interesse der Mieter den Vorzug zu geben.

Insgesamt stärkt der BGH damit die Rechte von Vermietern einer WG, die sich lediglich auf die Vermietung an mehrere einzelne Mieter und gerade nicht auf die Vermietung an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts einlassen wollen – wenngleich dies wegen der Haftung der Gesellschaft für Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis durchaus auch Vorteile haben kann.

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