Mit Urteil vom 28. Januar 2021 (Az.: III ZR 25/20) hat der BGH entschieden, dass Mietern keine Amtshaftungsansprüche zustehen, wenn eine Landesregierung eine Mietenbegrenzungsverordnung mit weitem räumlichen und persönlichen Geltungsbereich erlässt, diese aber wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Begründung der Verordnung unwirksam ist.
I Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Sachverhalt betrifft eine Mieterin, die das Land Hessen aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen der Unwirksamkeit der von der Landesregierung 2015 erlassenen Mietenbegrenzungsverordnung (Hessische Verordnung vom 17. November 2015 zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne des § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) in Anspruch genommen hat.
Die Wohnung lag in einem Stadtteil, der in der Mietenbegrenzungsverordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Sinne von § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt war. Die Klägerin nahm aus abgetretenem Recht der Mieter deren Vermieterin in einem Vorprozess auf Rückzahlung überhöhter Miete in Anspruch, wobei sie sich auf die Mietenbegrenzungsverordnung stützte. Diese Verordnung ist indes wegen Verstoßes gegen die in § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB bestimmte Begründungsverpflichtung unwirksam (BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 – VIII ZR 130/18, BGHZ 223, 30). Deshalb wurde die Klage der Klägerin abgewiesen. Der BGH verneinte einen Anspruch.
Zur Begründung führte der BGH aus, dass § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB (Amtshaftungsanspruch) voraussetze, dass ein Amtsträger eine ihm gegenüber einem „Dritten” obliegende Amtspflicht verletzte. Ob der Geschädigte im Sinne dieser Vorschrift „Dritter” sei, richte sich danach, ob die Amtspflicht – zumindest auch – den Zweck habe, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Es müsse mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten” bestehen. Gesetze und Verordnungen enthalten hingegen durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nehme der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehle.
Nur ausnahmsweise – etwa bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen – könne etwas anderes in Betracht kommen und können Belange bestimmter Einzelner unmittelbar berührt werden, so dass sie als „Dritte” im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden können. Die hessische Mietenbegrenzungsverordnung sei kein Maßnahme- oder Einzelfallgesetz in diesem Sinne. Sie betreffe angesichts ihres weiten räumlichen und persönlichen Geltungsbereichs nicht einzeln identifizierbare Mieter (und Vermieter), sondern einen unüberschaubar großen und nicht individuell begrenzten Personenkreis. Dementsprechend handele es sich bei der Verordnung um eine ihrem Zweck nach allein auf die Wahrung des Interesses der Allgemeinheit und nicht bestimmter Einzelner oder eines bestimmten Personenkreises gerichtete Regelung.
Das Gericht schloss auch einen Amtshaftungsanspruch wegen eines Eingriffs in eine geschützte Grundrechtsposition aus. Auch bestehe der Anspruch nicht wegen enttäuschten Vertrauens der Mieter in die Wirksamkeit der hessischen Mietenbegrenzungsverordnung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werde ein allgemeiner Anspruch auf angemessene Entschädigung für Aufwendungen, die im enttäuschten Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Rechtsnorm gemacht worden sind, nicht anerkannt. Auch insoweit wäre die Drittbezogenheit der Amtspflicht erforderlich.
II Auswirkungen auf Wohnungsunternehmen
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde vielfach mit Spannung erwartet. Hintergrund ist, ob Amtshaftungsansprüche gegenüber dem Berliner Senat bestehen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Berliner Mietendeckels feststellen würde. Der BGH hat allein die Pressemitteilung veröffentlicht. Insofern bleibt die Beantwortung dieser Frage der Auswertung der Begründung vorbehalten.