BGH vom 26.4.2023 (VIII ZR 420/21)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung nochmals die Grundsätze für ein Betretungsrecht des Vermieters zur vermieteten Wohnung klargestellt. Im entschiedenen Fall forderte der Vermieter den Mieter auf, ihm Zutritt zu gewähren, da er die Absicht hege, die Wohnung zu verkaufen. Im Formularmietvertrag war eine entsprechende Vereinbarung niedergelegt. Hiernach solle dem Vermieter ein Zutrittsrecht „aus besonderem Anlass“ zustehen. Als beispielhafte Fallgruppe war ausdrücklich die Absicht des Vermieters zum Verkauf oder einer Weitervermietung genannt. Das Betretungsrecht war auf die Besichtigung der Mieträume zu verkehrsüblichen Zeiten an Werktagen (der Samstag eingeschlossen) nach vorheriger rechtzeitiger Ankündigung begrenzt.

Der Mieter weigerte sich, den Zutritt zu gewähren. er machte schwere seelische Beeinträchtigungen geltend, bis hin zur Ankündigung eines möglichen Suizids. Das Amtsgericht gab dem Vermieter Recht. Das Berufungsgericht hob die Entscheidung jedoch auf und versagte dem Vermieter das Betretungsrecht. Die Begründung: die zu erwartenden schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Mieters. Hierzu war ein Sachverständigengutachten eingeholt worden, was den gesundheitlichen Zustand des Mieters bestätigte. Auf die Revision des Vermieters hin hob der BGH die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. Der BGH monierte, dass sich das Berufungsgericht innerhalb der vom Sachverständigen festgestellten Gesundheitsgefahren für den Mieter nicht mit der Möglichkeit auseinandergesetzt habe, dass der Mieter für die Dauer der Besichtigung die Wohnung verlasse und eine Person seines Vertrauens damit beauftrage, während der Besichtigungen die Obhut über die Wohnung auszuüben.

Im Rahmen seiner Entscheidung hob der BGH nochmals deutlich hervor, was schon bislang als grundsätzliche Voraussetzung für das Betretungsrecht eines Vermieters angenommen worden ist. Der Vermieter benötigt einen Grund für die Begehung der Wohnung. Ein allgemeines Zutrittsrecht, etwa um „nach dem rechten“ zu schauen, genügt nicht. Die Umstände der Begehung müssen nach zeitlicher Lage und den weiteren Umständen der konkreten Situation (z.B. schwere Erkrankung des Mieters) zumutbar sein. Der BGH hob ebenfalls nochmals den besonderen Schutz und die Bedeutung einer Wohnung für den Mieter hervor. Hierbei bezog sich der BGH auf Art.13 GG und die hierzu ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1993 (BVerfGE 89, 1, 23). Das Grundgesetz gewährleiste das Recht des Mieters, in diesen Räumen „in Ruhe gelassen“ zu werden. Dennoch könne sich aus dem Eigentumsrecht ergeben, dass auch beim Vermieter ein berechtigtes Interesse vorliegt. Beide Positionen müssen schonend ausgeglichen werden. Die geschilderten Grundsätze ergeben sich nach Ansicht des BGH schon aus der gesetzlichen Nebenpflicht aus dem Mietvertrag. Sie können in diesem Rahmen aber auch noch zusätzlich im Formularmietvertrag niedergelegt werden.

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