BGH, Urteil vom 18.5.2022, Az. VIII ZR 9/22
Zwischen der Beklagten und dem Mieter besteht seit dem 1. Mai 2019 ein Mietverhältnis über eine Wohnung, die gemäß der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung (Berliner Mietpreisbremse) in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt. Grundsätzlich darf hier die Neumiete nur 10% über der Altmiete liegen – was im konkreten Fall wegen erster Vermietung nach umfangreicher Modernisierung nicht eingehalten wurde. Der Mietvertragsurkunde ist eine Anlage beigefügt, in der die Beklagte erklärt: “Bei dem Abschluss dieses Mietvertrages handelt es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung der Mietsache”.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2020 rügte die Klägerin, ein vom Mieter beauftragtes Inkassounternehmen, gegenüber der Beklagten – unter Berufung auf die Beauftragung und Bevollmächtigung durch die Mieter – einen Verstoß gemäß § 556g Abs. 2 BGB gegen die Vorschriften der Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) in Bezug auf die vermietete Wohnung. Den Verstoß sah die Klägerin in einer unzureichenden Auskunft hinsichtlich der Modernisierung, u.a. dass Einzelheiten über Umfang und Details der Modernisierung in der Erklärung des Vermieters nicht enthalten seien.
Die Klägerin verlangte mit diesem Schreiben unter Fristsetzung Auskunft unter anderem über die Höhe der durch den Vormieter gezahlten Miete, über vorangegangene Mieterhöhungen und über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen. Ferner begehrte sie die Rückerstattung der künftig über den zulässigen Höchstbetrag hinaus zu viel gezahlten Miete, die Herausgabe der anteiligen Mietkaution sowie die Abgabe einer Erklärung der Beklagten, dass die künftig fällig werdende Miete auf den zulässigen Höchstbetrag herabgesetzt werde.
Der BGH gab dem beklagten Vermieter recht:
Nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4 BGB ist der Vermieter, soweit die Zulässigkeit der Miete auf § 556f Satz 2 BGB (=erste Vermietung nach umfangreiche Modernisierung) beruht, verpflichtet, dem Mieter vor der Abgabe von dessen Vertragserklärung unaufgefordert (in Textform, § 556g Abs. 4 BGB) Auskunft darüber zu erteilen, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt. Die Gesetzesmaterialien zum Mietrechtsanpassungsgesetz sehen ausdrücklich vor, dass der Vermieter nach der Bestimmung des § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 4 BGB (ebenso wie nach § 556g Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BGB) nicht gehalten ist, bereits vor Abgabe der Vertragserklärung des Mieters über Umfang und Details der Modernisierung Auskunft zu erteilen, sondern zunächst nur über das “Ob” einer solchen umfassenden Modernisierung. Es obliegt vielmehr anschließend dem Mieter, gegebenenfalls mittels eines Auskunftsverlangens nach § 556g Abs. 3 BGB weitere Einzelheiten und Nachweise zu erfragen, wenn er an der Richtigkeit der Auskunft zweifelt. Vor Abgabe der Vertragserklärung des Mieters ist es daher ausreichend, wenn der Vermieter mitteilt, es handele sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung.