Aktueller Stand
Am 7. Oktober 2019 wurde die Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden – kurz: Whistleblower-Richtlinie vom Rat der Europäischen Union verabschiedet. Bis zum 17. Dezember 2021 hätte Deutschland diese in nationales Recht umsetzen müssen. In Deutschland wurde allerdings bislang kein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Der vom Bundestag am 16.12.2022 beschlossene Gesetzesentwurf fand im Bundesrat in seiner Sitzung vom 10.02.2023 nicht die erforderliche Zustimmung.
Von den Vertretern der Länder wurde u.a. der erweiterte Anwendungsbereich des Gesetzes, der über die Richtlinie hinausgeht und Delikte bis in den Bereich der Ordnungswidrigkeiten erfassen soll, beanstandet. Auch der Mehraufwand für Unternehmen, die über die Vorgaben der Richtlinie hinaus auch zur Einrichtung anonymisierter Meldekanäle verpflichtet werden würden, wurde vom Bundesrat kritisiert.
Die Regierungsfraktionen hatten das Gesetz daraufhin Mitte März in zwei Fassungen – eine zustimmungspflichtig, die andere nicht – aufgeteilt und ins Parlament eingebracht. Nach der Anhörung im Rechtsausschuss mit kritischen Expertenäußerungen zu einer möglichen Verfassungswidrigkeit dieses Vorgehens wurde die für den 30. März. terminierte 2./3. Lesung der beiden Entwürfe im Bundestag kurzfristig wieder abgesetzt.
Überraschend hat das Bundeskabinett in seiner Sitzung kurz vor Ostern daraufhin doch die Anrufung des Vermittlungsausschusses im Gesetzgebungsverfahren zum Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen. Bundesregierung und Bundestag haben nun die Möglichkeit, mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten. Bis auf Weiteres bleiben betroffene Beschäftigungsgeber somit bezüglich der konkreten Anforderungen des zukünftigen HinSchG im Ungewissen. Unklar aus jetziger Sicht ist auch, wann das Hinweisgeberschutzgesetz nun konkret verabschiedet wird.
Nachfolgend haben wir für Sie den aktuellen Stand des Gesetzesinhaltes zusammenfassend dargestellt:
Was ist der Anwendungsbereich des HinSchG?
Wie bereits in einem früheren Beitrag thematisiert will der deutsche Gesetzgeber mit dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzen. Das Gesetz soll Hinweisgeber in Unternehmen bei der Meldung von bestimmten Verstößen schützen und die Prozesse rund ums Whistleblowing transparent regulieren.
Ein Hinweisgeber ist nach dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz (§ 2 HinSchG) geschützt, wenn er im beruflichen Umfeld auf folgendes hinweist:
- alle Meldungen und Offenlegungen von Verstößen, die strafbewehrt sind;
- Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, „soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient“.
Im Gegensatz zur EU-Whistleblower-Richtlinie ist nicht nur das Aufdecken von Verstößen gegen das EU-Recht, sondern auch gegen bestimmte Bereiche des deutschen Rechts.
Wer wird durch das Gesetz verpflichtet?
Der bisherige Gesetzesentwurf sieht vor, dass Beschäftigungsgeber mit jeweils in der Regel mindestens 50 Beschäftigten eine Stelle für interne Meldungen einrichten und betreiben müssen, an die sich Beschäftigte wenden können (sog. interne Meldestelle).
Beschäftigungsgeber mit weniger als in der Regel 50 Beschäftigten sollen grds. keine interne Meldestelle betreiben müssen. Deren Beschäftigte können sich als Hinweisgeber an sog. externe Meldestellen wenden, die beispielsweise beim Bundesamt für Justiz und für Kommunalverwaltungen beim jeweiligen Bundesland eingerichtet werden.
Das Gesetz soll durch die Einrichtung interner Meldesysteme (auch für Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigte) zudem Chancen für Unternehmen schaffen. Denn solche Hinweise können als Frühwarnsystem verstanden werden, die es Unternehmen ermöglichen, diese Informationen zu prüfen und darauf zu reagieren, bevor die Öffentlichkeit von den Missständen erfährt.
Die Regelungen sollten – nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts – auch für Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehenden Unternehmen (also auch kommunale Unternehmen) gelten. Die Richtlinie erlaubt diesbezüglich jedoch nationale Erleichterungen. Daher sieht der bisherige Entwurf des HinSchG vor, dass die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen für Gemeinden und Gemeindeverbände sowie solche Beschäftigungsgeber, die in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen, nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts gilt. Ob, und wenn ja, welche Regelungen in den einzelnen Bundesländern hierzu erlassen und welche Auswirkungen diese auf die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen für die öffentliche Hand haben werden, bleibt abzuwarten.
Bis wann müssen interne Meldestellen nach dem HinSchG eingerichtet sein?
Gemäß derzeitigem Entwurf des HinSchG sollen private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten ihre internen Meldestellen ab dem 17. Dezember 2023 einrichten müssen. Abweichend hiervon soll die Pflicht, Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für die hinweisgebende Person anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgeber und Meldestelle ermöglichen, erst ab dem 1. Januar 2025 greifen. Ob diese Anforderung Inhalt des HinSchG wird, ist aber umstritten und bleibt ebenfalls abzuwarten.
Bereits unmittelbar durch die Whistleblower-Richtlinie verpflichtet werden öffentliche Einrichtungen sowie kommunale Unternehmen und Behörden, auch mit weniger als in der Regel 50 Beschäftigten. Diese müssen, solange keine Ausnahmeregelung erfolgt, sogar schon heute interne Meldestellen vorhalten.
Was ist aktuell zu beachten?
Wir informieren Sie weiterhin über aktuelle Vorgänge zum vorgesehenen HinSchG und damit einhergehende Anforderungen. Sprechen Sie uns bei Fragen zu der Thematik gerne an – wir beraten Sie – auch im Zusammenhang mit der Einrichtung einer internen Meldestelle. Einzelne Aufgaben der Meldestelle können von externen Dritten (z.B. Rechtsanwälte als externe Ombudspersonen) und somit VdW und VdW Treuhandstelle wahrgenommen werden.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
Fr. Dr. Julia Betz, Rechtsanwältin julia.betz@vdwbayern.de; Tel.: 089 290020 422 oder
Fr. Johanna Wendland, Syndikusrechtsanwältin, johanna.wendland@vdwbayern.de; Tel : 089 290020 456