Die Wohnungswirtschaft Bayern streicht jedes zehnte Bauvorhaben

Die derzeitigen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau sorgen für Zurückhaltung bei der bayerischen Wohnungswirtschaft. Im Jahr 2024 werden die Mitglieder des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen 12 Prozent weniger bezahlbare Wohnungen errichten als ursprünglich geplant. Beim geförderten Wohnungsbau fällt jede achte Wohnung weg. Auch die Modernisierungsvorhaben sind betroffen. Über 20 Prozent aller vorgesehenen Modernisierungen wurden gestrichen und ein Drittel der verbliebenen Maßnahmen werden in ihrem Umfang reduziert. Das ergab eine Befragung des Verbandes unter den 506 Mitgliedsunternehmen. „Dabei stehen wir in Bayern noch vergleichsweise gut da“, kommentiert Verbandsdirektor Hans Maier. Die Zahlen für Gesamtdeutschland seien weitaus schlechter, 22 Prozent der Neubaupläne werden nicht realisiert.

Ursprünglich planten die an der Umfrage teilnehmenden bayerischen Wohnungsunternehmen den Neubau von 4.263 bezahlbaren Wohnungen im Jahr 2024 – realisieren können sie aber unter den aktuellen Bedingungen nun nur 3.778. Bei den Modernisierungen ist der Rückgang noch höher. Von 2.728 geplanten Vorhaben werden 2.012 (-21,4%) durchgeführt. Auch 716 energetische Modernisierungen, die für ein Gelingen der Klimawende im Gebäudebereich besonders wichtig sind, müssen im kommenden Jahr gestrichen werden.

Als Ursache für den Rückgang nennt Verbandsdirektor Hans Maier die historisch schlechten Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau: „Die Unternehmen sehen aufgrund der hohen Kosten keinen Weg mehr, ihre Projekte wirtschaftlich umzusetzen.“ Dies geschehe aus Rücksicht auf die Mieter der sozial orientierten Wohnungsunternehmen, denen man weder allzu teure Wohnungsmieten noch drastische Modernisierungsumlagen zumuten könne.

Ein wichtiges Anliegen der Wohnungswirtschaft machte die Umfrage deutlich. Der Neubaustandard EH 55 muss bleiben und sollte auch weiter gefördert werden. „Ansonsten steigen die Neubaumieten auch im geförderten Wohnungsbau weiter an“, erläutert der Verbandsdirektor.

KfW-Förderstopp bedroht genossenschaftliche Wohnprojekte

Die bereits schwierige Situation beim Wohnungsbau wird aktuell durch die Haushaltskrise des Bundes weiter verschärft. Am 23. November hat die KfW einen Antrags- und Zusagestopp für das Programm 134 zur „Förderung des genossenschaftlichen Wohnens“ verhängt. Mit dem KfW-Programm bekommen Genossenschaftsmitglieder die Möglichkeit, Genossenschaftsanteile zinsverbilligt und mit einem Tilgungszuschuss zu erwerben. Diese Darlehen sind bei der Finanzierung von Neubauprojekten fest eingeplant. Die Auswirkungen bezeichnet der Verbandschef als dramatisch. „Gerade jüngeren Wohnungsgenossenschaften, von denen es in Bayern über 50 gibt, bricht damit von heute auf morgen eine wichtige Finanzierungsgrundlage weg. Für viele Genossenschaftsmitglieder tritt plötzlich eine bezahlbare und sichere Wohnung in weite Ferne – denn sie können sich die notwendigen Genossenschaftsanteile ohne Förderung nicht mehr leisten.“

Von dieser Entwicklung sind über ein Dutzend Neubauprojekte mit mehr als 600 Wohnungen betroffen, die nun vielleicht gar nicht gebaut werden können. Denn die Förderung von Genossenschaftsanteilen hat eine große Hebelwirkung für den Neubau: Die dafür gewährten Darlehen machen im Durchschnitt 10 bis 15% der Gesamtfinanzierung aus. Der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen fordert, den Programmstopp wieder aufzuheben. Die im Bundeshaushalt 2024 ursprünglich eingestellte Fördersumme wäre mit 15 Mio. Euro vergleichsweise gering, hätte aber eine große Wirkung erzielt.

„Die Bundesregierung hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt“, macht Maier deutlich. Angetreten sei man mit dem Ziel von jährlich 400.000 Wohnungen. Dieses Ziel sei angesichts des Absturzes bei den Baugenehmigungen in weiter Ferne. Eigentlich können es sich die Politik nicht leisten, mutwillig Projekte für bezahlbares Wohnen zu gefährden, für die im Falle von Wohnungsgenossenschaften darüber hinaus durch Privatpersonen viel eigenes Geld und Engagement eingebracht wird. Dafür sei die Situation an den Wohnungsmärkten viel zu angespannt.

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