Insolvenzgefahr in Bayern derzeit gering – Wohnen wird deutlich teurer
Nürnberg (26.10.2022) – Gas ist bei den bayerischen Wohnungsunternehmen der mit Abstand wichtigste Energieträger für die Wärmeversorgung. Die bereits seit Ende 2021 stark angestiegen Gaspreise werden sich daher empfindlich auf die Mieterhaushalte auswirken. Denn nur 25 Prozent der Mitgliedsunternehmen des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen haben eine vertragliche Preisgarantie bis 2024 oder länger. Allen anderen stehen deutliche Preiserhöhungen durch die Energieversorger ins Haus. Das ergab eine Mitgliederbefragung des Verbandes unter den 495 Mitgliedsunternehmen mit einem Bestand von 545.000 Wohnungen im Freistaat. Die Preiserhöhungen sind bedrohlich für die Mieter und Mieterinnen, wirken sich aber auch direkt auf die Geschäftstätigkeit der Wohnungsunternehmen aus.
„Wir rechnen für den Wohnungsneubau, aber auch für Modernisierungsprojekte im Jahr 2023 mit einem deutlichen Rückgang“, sagt Verbandsdirektor Hans Maier. Viele Verbandsmitglieder (58%) werden ihre Investitionstätigkeit einschränken. Denn die Verbandsmitglieder sorgen sich um ihre eigene Liquidität. Mehr als jedes fünfte Wohnungsunternehmen (22%) schätzt die Liquiditätssituation derzeit als risikobehaftet ein. Das hat vor allem zwei Ursachen: Die Unternehmen gehen bei den Energiekosten für die Mieterhaushalte in Vorleistung und rechnen erst zu einem späteren Zeitpunkt ab. Wohnungsunternehmen, denen aktuell bereits Preiserhöhungen für das Jahr 2023 vorliegen, müssen im Schnitt 124% mehr für Gas bezahlen. Aufgrund dieses starken Kostenanstiegs schätzen die Wohnungsunternehmen, dass es bei etwa 15% der Mieterschaft zu Zahlungsausfälle kommen wird. Bei weiteren 20 Prozent der Haushalte werden erhebliche Zahlungsverzögerungen erwartet.
Investitionsverlagerung vom Neubau zur energetischen Modernisierung
„Für unsere sozial orientierten Mitglieder sind die Auswirkungen gravierend“, betont der Verbandschef. Denn der Erwartungsdruck auf die Wohnungswirtschaft sei weiterhin unglaublich hoch. Der Bund plant nach wie vor mit 400.000 neuen Wohnungen jährlich und die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen ist sehr groß. Der Wohnungsmarkt ist in diesem Segment in vielen bayerischen Städten äußerst angespannt. Erst im September hat das bayerische Bauministerium 208 Städte und Gemeinden als „Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt eingestuft. „In den letzten Jahren hat die Wohnungswirtschaft zuverlässig geliefert und Rekordsummen in den Wohnungsbau investiert. Dieser Aufschwung ist erst einmal zu Ende und es wird ein Stück nach unten gehen“, sagt Maier.
Die Wohnungswirtschaft kämpft derzeit nicht nur mit den hohen Erwartungen an den Wohnungsbau. Auch die notwendige Anpassung des Gebäudebestandes an die Klimaneutralität bindet in großem Umfang finanzielle Mittel. „Unsere Mitglieder arbeiten mit Hochdruck an der Modernisierung der Bestände und investieren in diesem Bereich jährlich rund eine Milliarde Euro“, berichtet Maier. Um die Klimaneutralität zu erreichen, müssten sich die Investitionen aber noch mehr vom Neubau zu energetischen Modernisierungen verlagern. Wichtig ist für den Verbandsdirektor dabei ein sozialer Klimaschutz. Seine Botschaft an den Gesetzgeber: Sinnvolle Effizienzstandards für den Gebäudebestand, um warmmietenneutrale Modernisierungen zu ermöglichen. Ein zentrales Thema für die Wohnungswirtschaft sind dabei weiterhin der Ausbau von erneuerbaren Energieträgern und Planungen für das gesamte Quartier. Hier sieht der Verband bayerischer Wohnungsunternehmen noch Nachholbedarf bei der Bundesregierung. Beispielsweise sind die rechtlichen und steuerlichen Hürden für Mieterstromprojekte immer noch zu hoch.
Versorgung mit erneuerbaren Energien im Fokus
Die Wohnungswirtschaft setze im Neubau und bei der Modernisierung stark auf die Versorgung ihrer Wohnanlagen mit erneuerbaren Energien. Durch die Energiekrise erwartet sich Maier hier noch einen deutlichen Schub.