Aktueller Stand zum Betrieb von Ladesäulen

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hatte im Rahmen einer abstrakten AGB-Kontrollklage eines Verbraucherverbands gegen ein Energieversorgungsunternehmen für Elektromobilität über die Abgrenzung zwischen „Versorger“ und „Letztverbraucher“ entschieden.

Sachverhalt:

Ein Verbraucherverband klagt gegen ein Energieversorgungsunternehmen, das eine App für Nutzer von Elektrofahrzeugen betreibt. Über diese App erhalten Verbraucher Zugang zu öffentlichen Ladepunkten, können diese freischalten und den Ladevorgang starten.

Der Verbraucherverband beanstandete insbesondere eine Ladepreisklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Es liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot und eine unangemessene Benachteiligung vor, da die strengen Preisanforderungen des EnWG nicht eingehalten würden

Der BGH bestätigte die Wirksamkeit der Ladepreisklausel und nimmt zugleich eine Abgrenzung zwischen „Versorger“ (für den die strengen Anforderungen nach dem EnWG gelten) und dem „Letztverbraucher“ vor.

Aus den Gründen:

Die Klausel, wonach der jeweils in der App angezeigte Preis für den Ladevorgang mit der Freischaltung der Ladesäule als vereinbart gilt, verstößt weder gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) noch benachteiligt sie Verbraucher unangemessen.

Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei den App-Verträgen nicht um Energielieferverträge im Sinne des § 41 EnWG, sondern um Dienstleistungsverträge, die den Zugang zu Ladeinfrastruktur ermöglichen. Der eigentliche Strombezug erfolgt erst aufgrund gesonderter Einzelverträge bei jedem Ladevorgang.

§ 41 EnWG – der besondere Informations- und Preisanpassungspflichten für Energielieferanten vorsieht – findet daher keine Anwendung.

Der Letztverbrauch im energiewirtschaftsrechtlichen Sinn endet an der Ladesäule. Letztverbraucher sind nach § 3 Nr. 25 EnWG natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen; auch der Strombezug der Ladepunkte für Elektromobile steht dem Letztverbrauch iSd Energiewirtschaftsgesetzes gleich. Der Nutzer einer öffentlich zugänglichen Ladesäule ist kein Letztverbraucher iSv § 3 Nr. 25 EnWG, sodass das vertragliche Verhältnis zwischen Ladesäulenbetreiber und Nutzer keinen Energieliefervertrag mit einem Letztverbraucher darstellt. Der Gesetzgeber wollte mit der „Vorverlegung“ des Letztverbrauchs auf den Bezug durch den Ladepunkt den Ausbau der Ladeinfrastruktur erleichtern. Nach der Gesetzesbegründung bedeutet die Gleichstellung der Ladepunktbetreiber mit Letztverbrauchern, dass die energiewirtschaftsrechtlichen Pflichten nur im Verhältnis zwischen dem Stromlieferanten und dem Ladepunktbetreiber gelten, nicht jedoch – gleichsam als Letztverbraucher hinter dem Letztverbraucher – im Verhältnis zwischen diesem und dem Nutzer der öffentlich zugänglichen Ladesäule.

Ausblick und Folgen des Urteils für unsere Mitglieder:

Vorsicht bei Kombination von eigenerzeugtem und bezogenem Strom:

Der Liegenschaftseigentümer/Vermieter betreibt Ladepunkte und verfügt zusätzlich über eine Photovoltaikanlage. Der Strom für die Ladepunkte stammt nur teilweise aus der eigenen Photovoltaikanlage. Für den Betrieb der Ladepunkte wird zusätzlich Strom von Dritten bezogen. Bei der Versorgung der Ladepunkte mit eigenerzeugtem und zusätzlich bezogenem Strom sind auch steuerrechtliche Besonderheiten zu beachten: Hinsichtlich des eigenerzeugten Stroms ist der Ladepunktbetreiber Versorger, hinsichtlich des bezogenen Stroms ist er Letztverbraucher:

Gemäß § 1a Abs. 6 StromStV gilt ein Unternehmen (hier der Ladepunktbetreiber), das Strom in Anlagen von bis zu 2 MW erzeugt und diesen Strom ausschließlich innerhalb der Kundenanlage an Letztverbraucher – hier durch Verwendung für Ladevorgänge – leistet, nur für den erzeugten und dann geleisteten Strom als Versorger (sog. „kleiner Versorger“).

Die Taskforce Energie der VdW Bayern Unternehmensgruppe:

Für Themen rund um Energie, Praxisfragen zu Ladeinfrastruktur und den Einsatz von eigenerzeugtem Strom steht unsere Taskforce Energie als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Ziel ist es auch, erfolgreiche Modelle und Projekte sichtbar zu machen und den Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedsunternehmen zu fördern.