Die Bedeutung des Rückgabeprotokolls

LG Essen, Urteil vom 12.12.2024, Az: 10 S 147/23

Nicht sehr selten kommt es nach Beendigung des Mietverhältnisses zu Streitigkeiten wegen Schäden an der Mietsache. Vermieter begehren Ersatz für während der Mietzeit entstandene, über die normale Abnutzung hinausgehende Schäden – der Mieter verweigert sich mit der Feststellung: „..war schon vor Mietbeginn vorhanden.“. „..wurde zur Übergabe nicht festgestellt.“ .. oder, oder, oder.

In diesem Zusammenhang stellt das Urteil des Landgerichts Essen (LG Essen, vom 12.12.2024, Az: 10 S 147/23) nochmals klar, dass ein gemeinsam erstelltes und von beiden Parteien unterschriebenes Protokoll bei Auszug eine weitreichende rechtliche Bindungswirkung hat: Was im Protokoll nicht als Mangel oder Schaden dokumentiert ist, gilt als vertragsgemäß zurückgegeben und kann später nicht mehr nachträglich eingefordert werden – weder vom Vermieter noch vom Mieter.

Das Gericht machte dabei deutlich:
Vermieter können Ansprüche wegen Schäden oder fehlender Schönheitsreparaturen nur durchsetzen, wenn sie diese konkret belegen können. Ein Rückgabeprotokoll ist dabei ein wichtiges Beweismittel. Werden Mängel darin nicht oder nicht detailliert und eindeutig formuliert aufgeführt, können sie im Nachhinein in der Regel nicht mehr geltend gemacht werden. Denn was im Protokoll nicht dokumentiert ist, ist nicht als Mangel festgestellt – das Protokoll hat hier die Funktion einer sog. Negativerklärung. Eine Negativerklärung im Zusammenhang mit einem Rückgabeprotokoll bedeutet, dass alles, was nicht als Mängel oder Schäden eindeutig festgestellt wurden, als nicht vorhanden gilt – also eine formale Bestätigung, dass sich die Wohnung oder das Objekt bei der Rückgabe – abgesehen von den protokollierten Punkten – in einem einwandfreien Zustand befindet.

Beanstandungen im Protokoll sind laut einer Entscheidung des BGH (Urteil vom 10.11.1982 – VIII ZR 252/81) verbindlich. Ansprüche, die sich weder auf erkannte und im Protokoll festgehaltene noch auf offensichtliche Mängel beziehen, sind im Normalfall ausgeschlossen, weil beide Seiten durch die gemeinsame Unterschrift den Zustand verbindlich „vereinbart“ haben. Eine Ausnahme gilt jedoch für sog. „verdeckte Mängel“ – das sind solche, die nicht offensichtlich erkennbar sind. Hier können trotz des Protokolls noch Ansprüche geltend gemacht werden.

Gleiches gilt umgekehrt beim Einzugsprotokoll: Auch hier bestätigt der Mieter mit seiner Unterschrift den Zustand der Wohnung, so dass er später keine Mängel geltend machen kann, die bereits bei Einzug erkennbar waren, aber nicht festgehalten wurde. Bereits bei der Wohnungsübergabe (Einzug) sollten daher alle vorhandenen Mängel gründlich dokumentiert werden. Unterbleibt die ordnungsgemäße Dokumentation von Vorschäden im Protokoll, kann dies sowohl zulasten des Mieters als auch des Vermieters wirken. Für den Mieter besteht das Risiko, für Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er nicht verursacht hat. Der Vermieter wiederum läuft Gefahr, berechtigte Schadensersatzforderungen nicht durchsetzen zu können, da mangels schriftlicher Fixierung ein Nachweis im Streitfall nicht oder nur schwer erbracht werden kann. Das ist für Vermieter insbesondere wichtig, wenn es darum geht, ob die Wohnung an den Mieter renoviert oder unrenoviert übergeben worden ist, denn Schönheitsreparaturen können nicht wirksam auf Mieter übertragen werden, wenn die Wohnung in unrenoviertem Zustand an den Mieter übergeben wurde.

Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass bei nicht renovierten oder erkennbar abgewohnten Wohnungen gewisse Mängel bzw. Abnutzungserscheinungen vorausgesetzt werden müssen. Eine pauschale Negativerklärung („keine Schäden vorhanden“) entfaltet daher nicht immer die volle Wirkung.

Ein sorgfältig dokumentiertes Einzugsprotokoll schafft aber die fehlende Transparenz und Rechtssicherheit für beide Parteien und ist ein wichtiges Instrument zur Vermeidung von Konflikten.

Fazit:

Das Urteil zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Dokumentation sowohl bei der Wohnungsübergabe (Einzug) und -rückgabe (Auszug) ist und stärkt die Bedeutung eines Protokolls.

Die Mietparteien sind gut beraten, Schäden und Mängel von Anfang an präzise festzuhalten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.