Mit Regierungserklärung vom 13. Juni 2024 hat Ministerpräsident Dr. Markus Söder das „Modernisierungs- und Beschleunigungsprogramm 2030“ vorgestellt (wir berichteten). Mit dem ersten und zweiten Modernisierungsgesetz möchte der Freistaat besonders das Baurecht entschlacken, damit Bauen in Zukunft schneller und günstiger wird.

Das erste und zweite Modernisierungsgesetz wurden am 10. und 11.12.2024 in zweiter Lesung von den Regierungsfraktionen im Bayerischen Landtag beschlossen. Insgesamt wurden knapp 100 Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung verabschiedet. Zentrale Punkte sind die Bereiche Baurecht, öffentliche Verwaltung und Ehrenamt. Das Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften wurde am 17. Dezember 2024 im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht und tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

1. Stellplätze

Die Systematik der Stellplatzpflicht wird grundlegend verändert. Bisher waren die Stellplatzzahlen in der Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung verankert, von denen die Gemeinden aber durch eine kommunale Stellplatzsatzung sowohl nach oben als auch nach unten abweichen konnten. Künftig hat es die Gemeinde selbst in der Hand festzulegen, ob es in ihrem Gebiet eine Stellplatzpflicht geben soll oder nicht.

Es wird allerdings eine Obergrenze für die Anzahl der zu schaffenden Parkplätze geben. Die Obergrenze beträgt zwei Stellplätze je Wohnung.

Geförderter Wohnbau: Wird ein Bauvorhaben auf Grundlage des Gesetzes über die Wohnraumförderung in Bayern (BayWoFG) gefördert, gilt eine Obergrenze von 0,5 Stellplätzen je geförderter Wohnung, soweit es sich um Mietwohnungen handelt. Die Möglichkeit der Herstellung weiterer Stellplätze auf freiwilliger Basis bleibt natürlich unberührt.

Von diesen Höchstzahlen kann aber jede Gemeinde nach unten abweichen.

2. „Grüngestaltungssatzungen“

Sogenannte „Grüngestaltungssatzungen“ wird es künftig nicht mehr geben. Kommunale Gartengestaltungsanforderungen verursachen vielen Bauherren nicht unerhebliche Kosten (z. B. Pflicht, Bäume bestimmter Mindestgröße einzusetzen). Zusätzlich geht damit viel Bürokratie einher und sie führen zu längeren Genehmigungsverfahren. Das Eigentum des Einzelnen wird gestärkt: Im eigenen Garten soll der Eigentümer selbst – und nicht die Kommune – entscheiden, was und wo gepflanzt wird.

Das Erste Modernisierungsgesetz sieht vor, dass Kommunen zukünftig mittels örtlicher Bauvorschriften über das Verbot von Bodenversiegelung entscheiden und damit auch künftig insbesondere Schottergärten verhindern können.

3. Kinderspielplätze

Die Verpflichtung zur Errichtung eines Kinderspielplatzes wird gestrichen und in die eigene Entscheidung der Kommunen gestellt. Eine Kommune kann einen Spielplatz nur bei Gebäuden mit mehr als fünf Wohnungen verlangen. Bei Studentenwohnheimen und Seniorenwohnungen hat der Bauherr ein Recht auf Ablöse, die bei 5.000 Euro gedeckelt ist. Dadurch werden Baukosten eingespart.

4. Übergangsfristen

Die Übergangsfristen für die Fortgeltung kommunaler Satzungen wurden von drei Monaten auf neun Monate verlängert. Die Aufhebung bestehender kommunaler Stellplatzsatzungen führt in vielen Kommunen dazu, neue Satzungen auf Grundlage der neuen Rechtsgrundlage zu erlassen. Die Festlegung eines nur dreimonatigen Übergangszeitraums bis zum Erlöschen der bisherigen Satzungen würde die kommunalen Gremien und die Verwaltungen – insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl – unter erheblichen Zeitdruck setzen. Daher wurde beschlossen, den Übergangszeitraum auf neun Monate zu verlängern.

5. Dachgeschossausbauten

Der Gesetzentwurf stellt Dachgeschossausbauten einschließlich der Errichtung von Dachgauben sowie gebietstypische Nutzungsänderungen verfahrensfrei. Dadurch soll unbürokratisch zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden können. Allerdings ist sicherzustellen, dass die Gemeinden von entsprechenden Ausbauten und Nutzungsänderungen in Kenntnis gesetzt werden. Denn vermehrte Nutzungsänderungen in gemischt genutzten Baugebieten können auch zur Änderung des Baugebietscharakters führen, ohne dass die Gemeinde rechtzeitig gegensteuern und die Bauleitplanung sichern kann. Eine Änderung des Gebietscharakters kann wiederum zu Einschränkungen für Bestandsnutzungen (Gewerbe) führen. Daneben sind kommunale Entwässerungsbeiträge oftmals an die Geschossfläche geknüpft, wobei Dachgeschosse nur im ausgebauten Zustand in die Ermittlung der Beitragshöhe einzubeziehen sind. Ein Dachgeschossausbau löst somit eine zusätzliche Beitragspflicht aus. Um eine korrekte Beitragserhebung und somit eine faire Lastenverteilung unter allen Grundstückseigentümern der Gemeinde sicherzustellen, muss die Gemeinde Kenntnis von Dachgeschossausbauten erlangen. Daher ist eine Anzeigepflicht für Bauherren bei Nutzungsänderungen und Dachgeschossausbauten erforderlich. Diese kann formlos erfolgen.

6. Abstandsflächen

In Großstädten mit mehr als 250 000 Einwohnern gilt die vergrößerte Mindestabstandsfläche von 1 H nur noch dort, wo überwiegend freistehende oder niedrige Gebäude (Gebäudeklasse 1,2 und 3) vorhanden sind. Gerade in den großen Ballungsräumen Bayerns ist der Bedarf an Wohnungsneubau besonders hoch. Mit der Neuregelung wird die größere Abstandsfläche von 1 H auf klassische Gartenstadtquartiere beschränkt.

7. Beschleunigung des Bauverfahrens

Die Baubehörde hat künftig nur noch drei Wochen Zeit, die Vollständigkeit des Bauantrags zu prüfen und Fehlendes zu monieren. Zudem ist der Bauantrag für Wohnraum direkt bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde (meist beim Landratsamt) und nicht mehr bei der Gemeinde zu stellen. Dadurch soll Zeit gespart und das Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

8. Änderung Vergaberecht:

Das Vergaberecht gilt als einer der größten bürokratischen Hemmschuhe im Wirtschaftsverkehr. Der Freistaat plant deshalb eine umfangreiche Liberalisierung des Vergaberechts auf Landesebene. Oberhalb der EU-Schwellenwerte zwingt das Europarecht dazu, Verträge öffentlich nach bestimmten Maßgaben auszuschreiben. Unterhalb der EU-Schwellenwerte setzt das Modernisierungsgesetz an, um gerade beim Bauen für erhebliche Beschleunigung zu sorgen.

  • Ab dem 1.1.2025 werden in Bayern deutlich erhöhte Wertgrenzen gelten, die insbesondere im Baubereich eine Verzehnfachung der bisherigen Werte darstellen:
  • Stufe 1: Direktauftrag bis 250.000 € für Bauleistungen bzw. bis 100.000 € für alle sonstigen Leistungen (bisherige Grenze bei Direktaufträgen: 25.000 €).
  • Stufe 2: Erleichterte Vergabe bis 1 Mio. € für Bauleistungen bzw. bis zum jeweiligen EU-Schwellenwert, also meist 221.000 €, für alle sonstigen Leistungen.
  • Die neuen, liberaleren Regelungen werden neben dem Freistaat auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Staats unterstehen, sowie Kommunen gelten.

Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

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