Erfahrungen und Herausforderungen für Wohnungsunternehmen

Die Klimaneutralität ist längst keine Vision mehr, sondern eine dringende Notwendigkeit – auch und vor allem für die Wohnungswirtschaft. Für Wohnungsunternehmen bedeutet dies: massive Investitionen, technische Herausforderungen, viele Abstimmungen mit dem örtlichen Energieversorger und nicht zuletzt finanzielle Belastungen. Unsere Studie „Status Klimaneutralität 2024“ fasst Erkenntnisse aus zwei Jahren CO₂-Bilanzierung und der Erarbeitung von Klimapfaden zusammen, die Wohnungsunternehmen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität begleiten sollen. In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick über die Kernergebnisse und zeigen, warum jetzt Handlungsbedarf besteht.

Die Bedeutung einer belastbaren CO₂-Bilanz

Der erste Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Erstellung einer umfassenden CO₂- bzw. Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz). Diese Bilanz bildet die Grundlage, um den Ist-Zustand des Wohnungsbestands zu bewerten und Handlungsstrategien zu entwickeln.

Herausforderungen: Kosten und Finanzierung

Eine der größten Herausforderungen für Wohnungsunternehmen ist die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen. Wie unsere Studie zeigt, sind viele Unternehmen auf Förderungen angewiesen, um die Kosten stemmen zu können. Doch Förderprogramme sind regelmäßig mit Einschränkungen verbunden. Nicht alle Maßnahmen sind förderfähig, die Förderungen sind auf Maximalsummen begrenzt und es gibt technische Mindestanforderungen. Zudem ist die Anschlussfinanzierung von Förderdarlehen ein Risiko: Das Steigen der günstigen Förder-Zinsen auf Marktniveau kann für Unternehmen zur einer erheblichen finanziellen Belastung werden.

Dekarbonisierung vor Dämmung – Prioritäten setzen

Eine der wichtigsten Erkenntnisse unserer Arbeit ist, dass die Dekarbonisierung – also der Umstieg auf langfristig klimaneutrale Energiequellen – Vorrang vor Dämmmaßnahmen haben sollte. Der Einbau von Wärmepumpen oder der Anschluss an klimaneutrale Fernwärmesysteme hat dabei höchste Priorität. Dämmmaßnahmen sind nachrangig und sollten nur dann umgesetzt werden, wenn sie für den Betrieb des neuen Heizungssystems notwendig sind oder gesetzlich vorgeschrieben werden.

Zeitdruck und Planungshorizonte

Ein zentrales Problem vieler Wohnungsunternehmen ist die langfristige Planung. Während die Sanierungszyklen in der Wohnungswirtschaft oft 40 bis 50 Jahre betragen, bleiben für die Erreichung der Klimaneutralität in vielen Regionen nur noch etwa 15 Jahre. Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen haben sich dazu verpflichtet, bis 2040 klimaneutral zu werden, Deutschland strebt dies bis 2045 an.
Unsere Studie zeigt, dass in den kommenden sechs bis acht Jahren der größte finanzielle und technische Druck auf den Unternehmen lastet. Wer sich also nicht frühzeitig auf den Weg macht, riskiert nicht nur den Anschluss an Fördermittel und zinsgünstige Kredite zu verpassen, sondern läuft Gefahr, langfristig Wettbewerbsnachteile zu erleiden.

Technische Maßnahmen und individuelle Klimapfade

Jedes Wohnungsunternehmen muss seinen eigenen Klimapfad entwickeln, der auf den spezifischen Anforderungen und Gegebenheiten des Gebäudebestands basiert. Dieser Pfad sollte technische Maßnahmen wie die Umrüstung auf klimaneutrale Heizsysteme, aber auch kaufmännische Aspekte, wie Baukostensteigerungen, Aktivierungsmöglichkeiten, Restnutzungsdauern, CO2-Kosten, mögliche Mieterhöhungen und Finanzierungsoptionen, berücksichtigen.

Warum jetzt handeln?

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren schon jetzt. Ab 2026 müssen Wohnungsunternehmen, die „wie Große bilanzieren“, in ihren Lageberichten auch über Nachhaltigkeitsaspekte berichten. Darüber hinaus fordern Banken zunehmend Informationen zur Nachhaltigkeit von Gebäuden und Unternehmen, was sich direkt auf die Kreditkonditionen auswirken kann.

Gleichzeitig steigen die CO₂-Preise. Bis 2045 wird der Preis für eine Tonne CO₂ deutlich ansteigen. Für Unternehmen, die noch lange fossile Energieträger nutzen, bedeutet dies eine erhebliche finanzielle Belastung. Die CO₂-Kosten werden zum Teil auf die Mieter umgelegt, doch je schlechter das Gebäude, desto mehr verbleibt beim Vermieter.

Grafik: Hierarchie der Kosten

Serielles Sanierungsprojekt der Gewobau Erlangen

Fazit und Handlungsempfehlungen

Der Weg zur Klimaneutralität stellt Wohnungsunternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Die Treibhausgas-Reduktion erfordert nicht nur eine nachhaltige Planung, sondern auch massive Investitionen in den Gebäudebestand. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass es ohne aktive Maßnahmen zur Dekarbonisierung schwierig wird, die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.
Die Erfahrungen zeigen, dass die ersten sechs bis acht Jahre des Umstellungsprozesses entscheidend sind. In dieser Phase muss der größte Aufwand geleistet werden, sowohl finanziell als auch organisatorisch. Der Kostendruck, der durch die Sanierung der energetisch schlechtesten Gebäude entsteht, ist erheblich, kann jedoch durch eine gezielte Priorisierung von Maßnahmen bewältigt werden. Technische Maßnahmen wie der Umstieg auf klimaneutrale Heizsysteme und die Umrüstung auf zentrale Wärmeversorgungssysteme sollten daher höchste Priorität haben.
Handlungsempfehlungen:

  1. Bilanzierung der Treibhausgasemissionen: Starten Sie mit der Erstellung einer belastbaren THG-Bilanz für Ihren gesamten Gebäudebestand, Verwaltung und Fuhrpark. Dies ermöglicht eine realistische Einschätzung der notwendigen Maßnahmen und erleichtert die Entwicklung eines maßgeschneiderten Klimapfades.
  2. Dekarbonisierung vor Dämmung: Der Umstieg auf klimaneutrale Energieträger sollte Vorrang haben. Maßnahmen zur Energieeinsparung, wie Dämmungen, sind wichtig, aber oft weniger dringlich als der Einsatz sauberer Heiztechnologien. Kombinieren Sie Maßnahmen, wenn es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist.
  3. Förderungen optimal nutzen: Nutzen Sie die verfügbaren Förderprogramme, aber achten Sie auf mögliche Risiken, wie die Anschlussfinanzierung (bei KfW-Darlehen i.d.R. nach zehn Jahren). Förderungen sind häufig auf bestimmte Maßnahmen begrenzt und nicht immer deckend, was eine sorgfältige Planung erfordert.
  4. Finanzplanung über längere Zeiträume: Denken Sie langfristig. Eine Planungshorizont von mindestens zehn Jahren sollte in der Unternehmensstrategie berücksichtigt werden, um die finanziellen Auswirkungen des Klimapfades zu bewältigen. Planen Sie auch die steigenden CO₂-Kosten ein.
  5.  Kommunikation und Sensibilisierung: Involvieren Sie frühzeitig Ihre Aufsichtsgremien, Mitarbeiter und Mieter. Eine transparente Kommunikation über die Notwendigkeit von Maßnahmen und deren Auswirkungen, insbesondere bei Mieterhöhungen, ist entscheidend, um Widerstände zu minimieren und Akzeptanz zu schaffen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Klimaneutralität kein kurzfristiges Ziel ist, sondern langfristig geplant und schrittweise umgesetzt werden muss. Wohnungsunternehmen, die jetzt handeln, können nicht nur von Fördermitteln und zinsgünstigen Krediten profitieren, sondern auch ihre Zukunftsfähigkeit sichern. Denn: Wer sich nicht auf den Weg macht, riskiert, den Anschluss zu verlieren und riskiert das Unternehmen.

Wir von der VdW Bayern Treuhand begleiten Wohnungsunternehmen seit 2021 auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Mit unserem Klimaschutz-Team aus Expertinnen und Experten unterstützen wir Sie bei der THG-Bilanzierung, der Entwicklung eines individuellen Klimapfades und der Umsetzung der Maßnahmen – von der Planung über die Finanzierung bis zum Ende der Gewährleistung.

Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft gestalten – klimaneutral und nachhaltig.

Kontaktieren Sie uns für mehr Informationen, individuelle Beratung oder eine Kopie unserer Studie: wir-sprechen-klimaschutz@vdwbayern.de