Etwas später als erwartet hat der Bundesrat nunmehr Änderungen im Miet- und Wohnungseigentumsrecht zugestimmt, die das Anbringen von Steckersolaranlagen (Balkonkraftwerken) ermöglichen. Zudem ist Durchführung virtueller Eigentümerversammlungen erleichtert
Privilegierte bauliche Maßnahme – bzw. Veränderung
Nachdem das „Solarpaket I“ Mitte Mai dieses Jahres technische Voraussetzungen für den Anschluss von Balkonkraftwerken definiert und geschaffen hatte, liegen nun auch Regelungen für das Miet- und WEG Recht vor. Zusätzlich zu bisher bereits geregelten baulichen Maßnahmen wie der Barrierereduzierung, dem Einbruchschutz oder der Errichtung von Ladeinfrastuktur für Elektromobilität gehört nach Ergänzung der §§ 554 Abs. 1 BGB und 20 Abs. 2 WEG künftig auch der Anschluss von Steckersolaranlagen zum Katalog privilegierter Vorhaben.
Ein Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung und dem Anschluss derartiger Anlagen besteht nunmehr nur dann nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter (-bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft) auch unter Würdigung der Interessen des Mieters (bzw. des einzelnen Wohnungseigentümers) nicht zugemutet werden kann. Andernfalls hat der Mieter einen Anspruch auf Zustimmung des Vermieters bzw. der einzelne Wohnungseigentümer einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Fassung eines Vornahme-/ Gestattungsbeschlusses gem. § 20 Abs. 1 WEG.
Entsprechend zweier Urteile des V. Senats des BGH vom Februar diesen Jahres (BGH V ZR 33/23 – Erhöhte Terrasse mit Rampe und V ZR 244/22 – Personenaufzug) zur Schaffung der Barrierefreiheit ist die Angemessenheit -bzw. Zumutbarkeit einer privilegierten Maßnahme im WEG Recht nur ausnahmsweise zu verneinen. Dies ist nur dann der Fall, wenn mit einer Maßnahme Nachteile verbunden sind, die über die Folgen hinausgehen, die typischerweise mit der Durchführung einer privilegierten baulichen Veränderung einhergehen. Es steht zu erwarten, dass der VIII. Senat des BGH dies für das Mietrecht ähnlich sieht, sofern hierzu ein Rechtsstreit durch den Instanzenzug geführt wird.
Weiterhin nicht novelliert ist die technische Produktnorm DIN VDE V 0126-95 welche neben den Regelungen im Solarpakte I weitere technische Lösungen für die Nutzung an einer Haushaltssteckdose festlegen wird. Diese Norm wird vom VDE derzeit noch erarbeitet und soll voraussichtlich bis Jahresende veröffentlicht werden.
Virtuelle Eigentümerversammlungen
Eigentümerversammlungen konnten bisher nur dann rein virtuell stattfinden, wenn sich alle Wohnungseigentümer darauf verständigt hatten. Andernfalls fanden -bzw. finden sie in Präsenz statt, wobei die Wohnungseigentümer seit Inkrafttreten des WeMoG bereits eine virtuelle Teilnahme an der Versammlung mehrheitlich beschließen können.
Nunmehr können die Wohnungseigentümer mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung gänzlich ohne physische Präsenz an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann (virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Allerdings muss – wie bei hybriden oder virtuellen Gesellschafter- oder Mitgliederversammlungen auch – die die online-Teilnahme und Rechteausübung mit der in einer Präsenzversammlung vergleichbar sein. Mitgliederrechte dürfen also keine Einschränkung erfahren.
Etwas kurios mutet folgende Übergangsregelung an: wird ein solcher Beschluss vor dem Jahr 2028 mit der erforderlichen Mehrheit gefasst, müssen WEG-Verwalter bis einschließlich des Jahres 2028 dennoch mindestens einmal im Jahr eine Präsenzversammlung durchführen, es sei denn, die Wohnungseigentümer verzichten einstimmig darauf. Allerdings führt ein Verstoß hiergegen nicht zu einem Anfechtungsrecht.
Um das Anfechtungsrisiko im Übrigen gering zu halten, empfiehlt es sich, zusätzlich zum „ob“ der Durchführung als hybride oder rein virtuelle Versammlung auch die konkrete, insbesondere technische Ausgestaltung der online-Teilnahme beschließen zu lassen. Gleichzeitig muss die Gemeinschaft dann die hierfür notwendigen technischen Voraussetzungen schaffen – dies selbst verständlich nicht bei jedem einzelnen Eigentümer.