Vor der Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Deutschen Bundestag appelliert die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft an die Regierung, umgehend ein verlässliches und auskömmlich finanziertes Fördersystem für den geplanten Heizungstausch vorzulegen.
„Die bislang vorgesehene Förderung beim GEG würde Mieter und Vermieter gegenüber selbstnutzenden Eigentümern massiv benachteiligen. Ausgerechnet für vermietete Mehrfamilienhäuser, in denen ein Großteil der Haushalte mit niedrigen Einkommen lebt, soll der Heizungstausch deutlich schlechter als bisher und viel geringer als in Einfamilienhäusern gefördert werden. Das ist eine große soziale Ungerechtigkeit“, sagt Axel Gedaschko, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) und Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Die Verbände in der BID rufen die Ampel-Regierung deshalb zu sozial verantwortlichem Handeln für Mieter und Vermieter in Deutschland auf. „Rund 60 Prozent der Haushalte wohnen zur Miete. Mieter und Vermieter dürfen nicht durch eine praxisuntaugliche und sozial ungerechte Förderpolitik zu den Verlierern der Energiewende gemacht werden“, sagt Gedaschko. Neben dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland stehen ansonsten auch die Akzeptanz und der Erfolg der Energiewende insgesamt auf dem Spiel.
Ungerechte Förderung bewirkt unsoziale und nicht tragbare Mehrbelastung von Mietern und Vermietern von Mehrfamilienhäusern
Die Wohnungs- und Immobilienunternehmen arbeiten aktiv und mit Hochdruck an der Dekarbonisierung ihrer Gebäude, um das gesetzte Ziel des klimaneutralen Gebäudebestandes im Jahr 2045 zu erreichen. Die laut Entschließungsantrag der Ampel-Koalition vorgesehene Förderung sieht aber weder tragbare Lösungen für das bezahlbare Wohnen noch notwendige Investitionsanreize für den Klimaschutz vor. Im Gegenteil: Die generelle Förderobergrenze für vermietete Wohnungen in Mehrfamilienhäusern ist zu niedrig angesetzt und vor allem ist die Degression ab der siebten Wohneinheit völlig unverhältnismäßig und nicht durch eine entsprechende Degression der Kosten gedeckt. Gleichzeitig soll der Geschwindigkeitsbonus ebenso wie der Sozialbonus nicht für Mieter und Vermieter von Mehrfamilienhäusern gelten.
„Die Förderpläne der Regierung kann man nur als Farce bezeichnen, denn ausgerechnet die finanziell schwächer gestellten Mieterhaushalte werden laut aktuellem Entwurf am wenigsten unterstützt. Das ist das Gegenteil einer sozial verantwortlichen Politik“, sagt der BID-Vorsitzende und GdW-Präsident Axel Gedaschko. Damit der vorgesehene Heizungstausch überhaupt finanziert werden kann, müssten beispielsweise die Mieten in einem Mehrfamilienhaus mit 15 Wohneinheiten um 1,14 Euro pro Quadratmeter und Monat steigen. Für einen Haushalt in einer 70-Quadratmeter-Wohnung wäre das eine Mehrbelastung von rund 1.000 Euro pro Jahr. Die allermeisten Mieterhaushalte können sich das nicht leisten.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland fordert deshalb:
- Die Grundförderung für Heizungen muss wie bisher auch die gesamte heizungstechnische Anlage einschließlich Umfeldmaßnahmen umfassen, damit der in der Regel notwendige tiefere Eingriff ins Gebäude mit vorbereitenden Maßnahmen und Baunebenkosten beim Heizungstausch finanzierbar wird.
- Der Einkommens- bzw. Sozialbonus muss auch den rund 60 Prozent Mieterhaushalten in Deutschland zugutekommen und sollte deshalb allen Vermietern von Mietwohnungen im unteren Preissegment (unter 7 Euro pro Quadratmeter und Monat) gewährt werden.
- Der Klima-Geschwindigkeitsbonus sollte auch Mietern in Wohn- und Nichtwohngebäuden zugutekommen, um einen schnellen Austausch fossil betriebener Heizungen zu unterstützen.
- Die maximalen Förderkosten müssen die realen Investitionskosten berücksichtigen, ab der siebten Wohneinheit 10.000 statt bislang 3.000 Euro Förderung vorsehen sowie als maximale Fördergrenze für die erste Wohneinheit 45.000 Euro für den Regelfall und 60.000 Euro für besonders kostenintensive klimafreundliche Wärmelösungen. Denn der Einbau einer Wärmepumpe bei gleichzeitiger Zentralisierung von dezentralen Heizungen ist deutlich teurer als der Austausch eines Gaskessels durch eine Wärmepumpe.
- Ein zinsverbilligtes Kreditprogramm mit Tilgungszuschüssen für Einzelmaßnahmen, Heizungstausch oder Effizienzmaßnahmen sollte angesichts der Zinsentwicklung auch für Wohnungs- und Immobilienunternehmen und private Vermieter wieder angeboten werden.
- Mit einer vorgesehenen Kappungsgrenze für Mieterhöhungen nach Heizungstausch von 0,50 Euro pro Quadratmeter und Monat sind die notwendigen Umbaumaßnahmen angesichts stark steigender Baupreise nicht finanzierbar. Deshalb ist eine Anhebung auf mindestens einen Euro pro Quadratmeter und Monat sowie eine Dynamisierung durch Indexierung mind. in Höhe der Inflation notwendig – dies auch für die weiteren geltenden Kappungsgrenzen von zwei bzw. drei Euro. Dabei gilt: Die derzeit auch medial diskutierte Behauptung, die Modernisierungsmieterhöhung führe nach Erreichen der Kosten für den Einbau einer Wärmepumpe zu ungerechtfertigten Kosten auf der Mieterseite, ist nicht zutreffend: Die Installation einer Wärmepumpe hebt die Wohnung auf ein technisch höheres Niveau, die Wärmepumpe muss während des Betriebs gewartet und zu einem späteren Zeitpunkt ersetzt werden – was dann keine Modernisierungsmaßnahme mehr ist. Die Lebenserwartung einer Wärmepumpe liegt bei gerade einmal 15 Jahren. Es handelt sich nicht um einen Erwerb der Wärmepumpe durch Ratenzahlung von Seiten der Mieter, sondern um eine Miete des dauerhaften Betriebs einer funktionstüchtigen Wärmepumpe.
Am 04.09.2023 wurde das zum Download beigefügte Schreiben der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) an alle Mitglieder des Deutschen Bundestages versandt. Wir möchten es hiermit zur Kenntnis geben.