Nach wochenlangem Ringen erzielten die Spitzen der Ampel-Koalition am 13.06.2023 eine Einigung beim umstrittenen „Heizungsgesetz“. Die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes kann nun am 15.06.2023 zur ersten Lesung auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestags kommen. Das Gesetz soll noch vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause am 7. Juli verabschiedet werden.
Der wichtigste Punkt bei der Einigung: Die Hauseigentümer sollen mehr Zeit für den Umstieg auf klimafreundliche Heizungen bekommen und nicht überfordert werden. Die Mieterhaushalte sollen nicht „über Gebühr belastet“ werden.
Die folgenden Leitplanken wurden von den Koalitionsspitzen im Wortlaut vereinbart:
1.
In Deutschland wird eine verpflichtende Kommunale Wärmeplanung eingeführt, die der zentrale Bezugspunkt für verpflichtende Maßnahmen im Bestand mit entsprechenden Übergangsfristen sein wird. Eine deutschlandweite kommunale Wärmeplanung streben wir bis spätestens 2028 an.
a. Solange keine Kommunale Wärmeplanung vorliegt,
● gelten beim Heizungstausch die Regelungen des GEG noch nicht.
● dürfen ab dem 1.1.2024 Gasheizungen eingebaut werden, wenn diese auf Wasserstoff umrüstbar sind. Dies gilt auch für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten.
● In Neubaugebieten gelten die Regelungen des GEG unmittelbar ab 1.1.2024.
b. Liegt eine Kommunale Wärmeplanung vor,
● die ein klimaneutrales Gasnetz vorsieht, können neben allen anderen Erfüllungsoptionen auch auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizungen eingebaut werden.
● die kein klimaneutrales Gasnetz vorsieht, dürfen Gasheizungen nur dann weiter eingebaut werden, wenn sie zu 65 % mit Biomasse, nichtleitungsgebundenem Wasserstoff oder seinen Derivaten betrieben werden
c. Wird im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung kein CO2-neutrales Gasnetz geplant, ergeben sich angemessene Übergangsfristen zur Umstellung auf die neue Technologie, die die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung nicht verzögern.
d. Ab 1.1.2024 darf der Verkauf von entsprechenden Heizungen nur stattfinden, wenn eine Beratung erfolgt, die auf mögliche Auswirkungen der kommunalen Wärmeplanung und die mögliche Unwirtschaftlichkeit hinweist. Darüber hinaus wird es entsprechende Aufklärungskampagnen über CO2-Bepreisung und Klimaschutzgesetz geben. Private und öffentliche Gebäude werden gleichbehandelt.
2.
Beim Umstieg auf klimaneutrale Heizungssysteme sollen die verschiedenen Optionen gleichwertig behandelt werden, um den regionalen Unterschieden Rechnung zu tragen. Die Erfüllungsoptionen sollen praxistauglich sein und Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Die Bedingungen zur Erreichung des 65%-Ansatzes werden einheitlich für Neubau und Bestand überarbeitet.
a. Bei allen Erfüllungsoptionen werden die diskriminierenden technischen Anforderungen an die Heizung und die Infrastruktur gestrichen. Das bedeutet beispielsweise:
● Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65 %-Vorgabe ausnahmslos. Beim Einsatz von Holz und Pellets sind Fehlanreize zu vermeiden.
● die im Gesetzentwurf vorgesehenen Transformationspläne entfallen. Stattdessen müssen die Kommunen und Betreiber einen verbindlichen Fahrplan mit verbindlichen und nachvollziehbaren Zwischenzielen (Monitoring) zum Hochlauf des Wasserstoffs bis 2045 vorlegen, um die Transformation des Gasnetzes zu gewährleisten.
b. Unnötige ordnungsrechtliche Vorgaben, die weder zur Erfüllung der 65%-Anforderung benötigt werden noch Bestandteil von Vereinbarungen derKoalition sind, werden gestrichen.
3.
Ein besonderes Augenmerk muss auf das Vermieter-Mieter-Verhältnis gelegt werden. Mieter sollen nicht über Gebühr belastet werden. Vermieter solle Anreize haben, in moderne Heizungssysteme zu investieren.
a. Daher werden wir die bestehende Förderkulisse unter Berücksichtigung der Modernisierungsumlage weiterentwickeln und
b. bei Investitionen in eine klimafreundliche Heizung eine weitere Modernisierungsumlage unter der Voraussetzung einführen, dass
● eine Förderung in Anspruch genommen wird und
● die Mieterinnen und Mieter von der Inanspruchnahme der Förderung auch unter Berücksichtigung der weiteren Modernisierungsumlage finanziell profitieren.
4.
Haushalte dürfen im Rahmen notwendiger Neuinvestitionen nicht überfordert werden. Deshalb wird es von Seiten des Bundes eine Förderung geben, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert wird und die möglichst passgenau die einzelnen Bedürfnislagen und soziale Härten bis in die Mitte der Gesellschaft berücksichtigt. Wir wollen niemanden zu etwas verpflichten, das in der jeweiligen Lebenslage nicht leistbar ist. Darum werden die Ausnahmeregelungen, wie z.B. die Regelung zur 80-Jahres-Grenze, überarbeitet und plausibler gestaltet.
Beurteilung Wohnungswirtschaft
Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft erkennt die Bemühungen in dem von der Ampel-Koalition gefundenen Kompromiss beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) und begrüßt die nun etwas abgemilderten Fristen für den vorgesehenen Heizungsaustausch. Es besteht aber noch große Unklarheit in den bekannt gewordenen Leitlinien der Koalitionspartner, insbesondere bei der notwendigen Förderung sowie der Modernisierungsumlage, so der Bundesverband GdW in einem ersten Pressestatement.
„Es ist enorm wichtig für den Erfolg der gesamten Energiewende, dass die Vorgaben für einen Heizungstausch künftig an das Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung vor Ort gekoppelt werden. Nur so entsteht echte Planungs- und Investitionssicherheit für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen. Völlig unklar ist allerdings, was mit der angedeuteten verbesserten Förderkulisse sowie möglichen Anpassungen der Modernisierungsumlage gemeint ist. Das muss im jetzt anstehenden parlamentarischen Verfahren dringend im Sinne der sozial orientierten Vermieter und ihrer Mieter geklärt werden, so dass sie bei der Wärmewende nicht komplett überfordert werden“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Mieter und Vermieter dürfen beim geforderten Heizungstausch im Rahmen des GEG keinesfalls gegenüber selbstnutzenden Eigentümern benachteiligt werden. Die Förderung für privaten Wohnraum muss eins zu eins auf die sozial orientierten Wohnungsunternehmen übertragen werden und eins zu eins den Mietern zu Gute kommen.
„Zum jetzigen Zeitpunkt steht noch völlig in den Sternen, wie die dringend notwendige Förderung aussehen wird. Was keinesfalls geschehen darf, ist, dass sozial orientierte Vermieter, die für einen Teil ihrer Sanierungsprojekte einen erhöhten Fördersatz in Anspruch nehmen, für ihre weiteren Projekte mit einer abgesenkten Modernisierungsumlage bestraft werden. Denn gerade die sozial orientierten Wohnungsunternehmen mit geringen Durchschnittsmieten von im Schnitt nur 6,22 Euro pro Quadratmeter stehen angesichts der massiven Investitionen jetzt schon mit dem Rücken zur Wand und können das finanziell nicht abfedern. Das dafür notwendige Eigenkapital existiert bei ihnen schlicht nicht“, sagt Gedaschko.
Mit Blick auf die enormen Investitionssummen, die für die Umstellung der Energieversorgung in den kommenden Jahren notwendig sind, müssen gerade in dieser entscheidenden Phase alle an einem Strang ziehen und ihren finanziellen Beitrag zur Energiewende leisten. Es darf daher gerade jetzt keine Abstriche bei der Modernisierungsumlage geben, sondern die finanziell schwächeren Haushalte müssen gezielt und sozial gerecht entlastet werden. Notwendig ist hierfür, über eine allgemeine Grundförderung von 40 Prozent hinaus, ein zielgerichteter Förderaufschlag von weiteren 20 Prozent für die sozial orientierten Vermieter, bei denen die Mieter zu einem Quadratmeterpreis von unter 7 Euro wohnen.
Wir werden Sie über den weiteren Ablauf im Gesetzgebungsverfahren informieren.