BGH Urteil vom 31.8.2022 Az. VIII ZR 132/20
Die Kläger sind Eigentümer und Vermieter einer im Jahr 1981 von der Beklagten gemieteten, im vierten Obergeschoss gelegenen Wohnung. In den ersten Jahren des Mietverhältnisses stattete die Beklagte das ursprünglich mit Holzdielen ohne Fußbodenentwässerung versehene Badezimmer mit einem Fliesenfußboden nebst Bodenabfluss aus. Die Arbeiten wurden nicht fachgerecht ausgeführt, weil eine Dichtung unterhalb der Fliesen nicht erstellt wurde. Am 8. Juli 2016 drang in dem unmittelbar darunter gelegenen Badezimmer der Wohnung im dritten Obergeschoss schwallartig Wasser durch die Decke. Im Zuge der Schadensaufnahme wurde festgestellt, dass die Decke einsturzgefährdet war, weil mehrere Deckenbalken durch über Jahre eingedrungene Feuchtigkeit beschädigt worden waren.
Mit der während des fortdauernden Mietverhältnisses im Jahr 2017 erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, die – auf den Rollstuhl angewiesene – Beklagte habe während der letzten zwanzig Jahre regelmäßig außerhalb der Badewanne geduscht, so dass Wasser durch den unzureichend abgedichteten Fliesenboden in die darunter gelegene Holzkonstruktion eingedrungen sei. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Die zuletzt auf die Zahlung von 37.643,09 Euro nebst Zinsen sowie auf die Feststellung gerichtete Klage, dass die Beklagte alle weiteren Kosten der Schadensbeseitigung durch eindringendes Wasser aufgrund nicht sach- und fachgerechter Ausführung von Umbaumaßnahmen im Badezimmer der Wohnung zu tragen hätten, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht lehnte die Ansprüche ab. Es hat angenommen, die erhobenen Ansprüche seien gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB bereits während des laufenden Mietverhältnisses verjährt, weil sich die den Schaden auslösende Pflichtverletzung – nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die vor dem Jahr 1984 vorgenommenen, nicht fachgerechten Fliesenarbeiten im Badezimmer der Wohnung – mehr als 30 Jahre vor der Klageerhebung zugetragen habe. Nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB verjähren sonstige (also andere als die § 199 Abs. 2 BGB genannten) Schadensersatzansprüche, unter anderem aus der Verletzung des Eigentums, ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Der BGH, der über die Revision zu entscheiden hatte, gab aber der Klage statt. § 199 Abs. 3 Satz1 Nr. 2 BGB findet im vorliegenden Fall nämlich keine Anwendung, weil § 548 BGB für bestimmte mietrechtliche Ansprüche eine abschließende Sonderregelung enthält, die der allgemeinen Bestimmung des § 199 Abs. 3 BGB vorgeht, so dass eine Verjährung solcher Ansprüche vor der Rückgabe der Mietsache nicht eintreten kann. Da die Wohnung noch nicht zurückgegeben war – das Mietverhältnis lief noch – war gemäß § 548 BGB noch keine Verjährung eingetreten – obwohl die schädigende Handlung schon mehr als 30 Jahre zurück lag.
Anmerkung für die Praxis:
Im vorliegenden Fall war die Wohnung noch nicht zurückgegeben worden, daher lagen die Verjährungsvoraussetzungen des § 548 BGB nicht vor. Wichtig für die Vermieterpraxis im Falle der Beendigung eines Mietverhältnisses und der Rückgabe
(=i. d. R. Räumung) ist die Beachtung des § 548 Abs. 1 BGB wegen der nach 6 Monaten eintretenden Verjährung.
§ 548 Verjährung der Ersatzansprüche und des Wegnahmerechts
(1) 1Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten. 2Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. 3Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache verjähren auch seine Ersatzansprüche.
(2) Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses.