Zu einer WEG-Anlage gehören die Wohnungen der Beklagten und die gewerbliche Teileigentumseinheit der Klägerin. Das Trinkwasserleitungssystem aus Kupfer ist mit Mängeln behaftet, wodurch seit Jahren immer wieder Wasserschäden auftreten und erhebliche Instandsetzungskosten, die sich allein im Jahr 2018 auf rund 85.000 Euro beliefen, verursachen. Das Verfahren zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Sachmängelhaftung gegen das Unternehmen, das die Kupferrohre verlegt hat, ist noch nicht abge-schlossen. Die GdWE (Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) unterhält eine Gebäudeversicherung, die neben anderen Risiken auch Leitungswasserschäden abdeckt (sog. verbundene Gebäudeversicherung). Der Versicherungsschutz besteht für das gesamte Gebäude, ohne dass zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum unterschieden wird. Der Selbstbehalt beträgt wegen der Schadenshäufung inzwischen 7.500 Euro pro Schadensfall, weshalb die Versicherung im Ergebnis nur noch ca. 25% der Schäden erstattet. Bei einem Wasserschaden beauftragt die Verwalterin regelmäßig ein Fachunternehmen mit der Schadensbeseitigung und legt die von der Versicherung nicht übernommenen Kosten (=Selbstbehalt) nach Miteigentumsanteilen um, und zwar auch insoweit, als die Schäden im Bereich des Sondereigentums entstanden sind. Mängel an den Leitungen sind bisher jeweils hinter den Absperreinrichtungen im räumlichen Bereich des Sondereigentums der betroffenen Wohneinheiten entstanden. In der Einheit der Klägerin ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bislang kein Schaden aufgetreten.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Beschlussersetzungsklage eine von der bisherigen Praxis abweichende Verteilung des Selbstbehalts. Bei einem Wasserschaden, der im Bereich des Sondereigentums entstanden ist, soll die Selbstbeteiligung von dem jeweiligen Sondereigentümer der betroffenen Wohneinheit (Klageantrag 1) bzw. hilfsweise nur von den Wohnungseigentümern und nicht von ihr als Gewerbeeinheitseigentümerin (Klageantrag 2) zu tragen sein. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der BGH hatte über die Revision der Klägerin zu entscheiden (BGH, Urteil vom 16.6.2022, Az. V ZR 69/21).
Nach Ansicht des BGH zum Klageantrag 1 ist ein vereinbarter Selbstbehalt, durch den der Versicherer einen bestimmten Teil des ansonsten versicherten Interesses nicht zu ersetzen hat, wie die Versicherungsprämie nach dem gesetzlichen bzw. vereinbarten Verteilungsschlüssel (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WEG) zu verteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Leitungswasserschaden an dem Gemeinschaftseigentum oder – ausschließlich oder teilweise – an dem Sondereigentum entstanden ist:
Die Entscheidung für einen Selbstbehalt im Versicherungsvertrag ist regelmäßig damit verbunden, dass der Verband als Versicherungsnehmer eine herabgesetzte Prämie zu zahlen hat. Das ist für die Wohnungseigentümer wegen der damit einhergehenden Verringerung des Hausgeldes wirtschaftlich sinnvoll. Zudem müsste der von einem Schaden betroffene Sondereigentümer ein Sonderopfer tragen, das ihn im Vergleich zu dem Vorteil aufgrund der Herabsetzung der von allen getragenen Versicherungsprämie übermäßig belasten würde. Auf ein derartiges Risiko würde sich vernünftigerweise kein Wohnungseigentümer einlassen. Zudem blieben bei einer solchen Sichtweise die Belange der vermietenden Wohnungseigentümer unberücksichtigt, die regelmäßig den Anteil an der Versicherungsprämie gemäß § 556 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB, § 2 Nr. 13 BetrKV auch ohne Reduzierung wegen Selbstbehalts auf einen Mieter umlegen können, den Selbstbehalt hingegen nach ganz überwiegender Ansicht in voller Höhe allein tragen müssten.
Zum Klageantrag 2 führte der BGH aus:
Da entsprechend der Selbstbehalt wertungsmäßig zu den Gemeinschaftskosten i.S.d. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG zu zählen ist, können die Wohnungseigentümer folgerichtig gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG eine von dem allgemeinen Umlageschlüssel abweichende Verteilung des Selbstbehalts beschließen.
Einen Anspruch hat ein Wohnungseigentümer auf Durchsetzung einer für ihn günstigen Kostenverteilung durch Beschluss aber nur, wenn zugleich die Voraussetzungen vorliegen, nach denen der Abschluss oder die Änderung einer Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 WEG verlangt werden kann Dies ist nur dann der Fall, wenn ein Festhalten an der bisherigen Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Eigentümer unbillig erscheint. Auch insoweit hatte die Revision daher keinen Erfolg.