Dreh- und Angelpunkt der Durchführbarkeit von Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten ist vielfach die Frage, ob der Mieter dem Vermieter -bzw. den von diesem beauftragten Handwerkern Zugang zu seiner Wohnung gewährt. Gerne verlangen Vermieter vorab von ihren Mietern eine Erklärung darüber, ob diese die Arbeiten in ihrer Wohnung dulden, um Gewissheit über deren Durchführbarkeit zu erlangen. Der BGH hatte nun über einen derartigen Fall zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 27.4.2021 VIII ZB 44/20).
Leitsatz:
a) …
b)
Einen Anlass zur Erhebung einer Klage auf Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsbaumaßnahmen (§ 555a Abs. 1, § 555d Abs. 1 BGB) gibt der Mieter in der Regel (noch) nicht, wenn er die mit der Ankündigung der geplanten Baumaßnahmen verknüpfte Aufforderung des Vermieters zur Abgabe einer Duldungserklärung unbeachtet lässt. Die Bejahung eines Klageanlasses im Sinne von § 93 ZPO kommt erst in Betracht, wenn der Vermieter den Mieter nach Ablauf einer angemessenen Frist im Anschluss an die Ankündigung (erneut) vergeblich zur Abgabe einer Duldungserklärung aufgefordert hat.
Der Fall:
Der Vermieter kündigte am 27.11.2019 die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen ab dem 20.01.2020 sowie von Modernisierungsmaßnahmen ab dem 16.03.2020 an und forderte den Mieter unter Fristsetzung zum 31.12.2019 auf, schriftlich mitzuteilen, ob er die angekündigten Baumaßnahmen dulden werde. Am 14.01.2020 erhob der Vermieter dann Duldungsklage. Noch am Tag der Klagezustellung gab der Mieter gegenüber dem Vermieter die Duldungserklärung ab. Die Parteien erklären den Rechtsstreit für erledigt, weshalb sich der BGH mit der Kostentragungspflicht gem. § 91a ZPO zu befassen hatte.
Aus den Gründen:
Der BGH ließ offen, ob den Mieter aus dem Vertrag überhaupt die Nebenpflicht trifft, dem Vermieter vor Beginn der Baumaßnahmen seine künftige Duldungsbereitschaft zu erklären. Denn §§ 555a Abs. 1 (Erhaltungsmaßnahmen),555d Abs. 1 BGB (Modernisierungsmaßnahmen) verpflichten den Mieter zur Duldung, nicht aber zur Abgabe einer Duldungserklärung. Dennoch kommt aber eine Pflicht aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB (Treu und Glauben) in Betracht. Bei der Erhebung von Klagen ist bezüglich des Kostenrisikos Vorsicht geboten: Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch ist stets, dass der Mieter Anlass zu einer Klage gegeben hat, weshalb er mit der etwaigen Pflicht zur Abgabe der Duldungserklärung vor Prozessbeginn in Verzug geraten sein muss.
Verzug setzt Fälligkeit voraus, was bei Modernisierungsmaßnahmen vor Ablauf der für den Härteeinwand geltenden Frist des
§ 555d Abs. 3, S.1 BGB (= Ende des auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgenden Monats) bzw. der gemäß § 555e Abs. 1 S.2 BGB zur Erklärung einer Sonderkündigung eingeräumten Frist (bis zum Ende des übernächsten Monats nach Zugang der Modernisierungsankündigung) nicht der Fall ist. Auch bei reinen Erhaltungsmaßnahmen besteht diese Pflicht jedenfalls erst nach Ablauf einer angemessenen Ankündigungsfrist, die denen bei Modernisierungsankündigung (=spätestens 3 Monate vor Beginn) vergleichbar ist – sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt.
Nach Fälligkeit ist eine Mahnung unter Fristsetzung (z. B. 2 Wochen) zur Abgabe der Duldungserklärung erforderlich – was hier unterblieben war, weshalb den Vermieter die Kostenlast trifft.
Folgen:
Ob der Mieter eine „Duldungserklärung“ abgeben muss, bleibt ungeklärt. Gleichzeitig besteht ein erhebliches Interesse des Vermieters, vor Beginn von Baumaßnahmen zu klären, ob sein Vorhaben auf Widerstand stößt. Denn schlimmstenfalls kann dies die Durchführung einer Maßnahme unmöglich machen. Will ein Vermieter daher, dass der Mieter vor Beginn der Maßnahme seine Bereitschaft zur Duldung erklärt, sollte er im ersten Schritt die Maßnahme mit Aufforderung, die Duldung zu erklären, ankündigen. Hierbei sollte der Vermieter stets erläutern, weshalb er ein berechtigtes Interesse an der Duldungserklärung hat. Sodann hat er die o.g. Fälligkeitsfristen abzuwarten. Gibt der Mieter die Erklärung dann nicht fristgerecht ab, muss der Vermieter zur Abgabe der Duldungserklärung binnen angemessener Frist mahnen, um den Mieter in Verzug zu setzen. Erst dann kann er gerichtliche Schritte ergreifen, wenn er sein Kostenrisiko begrenzen will. Hierbei kommt alternativ zur Klage auf Abgabe der Duldungserklärung auch ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz in Frage.