Kurz nach dem Erscheinen der neuen GdW-Mustersatzungen hat der Gesetzgeber in § 43b GenG eine gesetzliche Grundlage für das Abhalten von Generalversammlungen unter gänzlicher oder teilweiser Nutzung schriftlicher oder elektronischer Kommunikationsmittel geschaffen. Die Neuregelung wurde kurzfristig im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung virtueller Hauptversammlungen bei Aktiengesellschaften eingeführt und trat am 27.07.2022 in Kraft.
Aktuell werden daher die Mustersatzungen in Abstimmung mit dem GdW-Fachausschuss Recht an die neue gesetzliche Grundlage angepasst. Im Wesentlichen betrifft dies begriffliche Anpassungen. Es wird aber beispielsweise auch eine Möglichkeit der vorherigen schriftlichen Stimmabgabe ohne Teilnahme an einer Präsenzversammlung geschaffen. Diese Möglichkeit wird nun vom Gesetz ebenfalls gewährt.
Ein gesetzlich zwingender Grund, die Mustersatzungen neu zu überarbeiten, besteht derzeit nicht. Die neuen Versammlungsformen nach § 43b GenG können grundsätzlich ohne Regelungen in der Satzung genutzt werden. Es erscheint jedoch sehr empfehlenswert, Satzungsregelungen sowohl in Bezug auf die überhaupt zulässigen alternativen Formen der Versammlung als auch in Bezug auf die jeweilige Durchführung dieser Versammlungen zu treffen.
Die neuen, in der Mustersatzung eingeführten Regelungen zu virtuellen Sitzungen und Beschlussfassungen von Vorstand und Aufsichtsrat kommen jedoch nur dann zur Geltung, wenn sie auch in der Satzung umgesetzt werden. Insoweit hat der Gesetzgeber keine neuen Regelungen geschaffen.
Sofern Unternehmen die eigene Satzung auf Grundlage der Mustersatzung vom Juni 2022 bereits angepasst haben, erscheint es empfehlenswert, eine Anpassung an die kommende aktuelle Fassung der Mustersatzung bei nächster Gelegenheit nachzuholen. Ein zwingender Grund, dies sofort zu tun, ist nicht ersichtlich, da es keine inhaltlichen Widersprüche zwischen den neuen alternativen Formen der Versammlung nach der Mustersatzung vom Juni 2022 und den neuen gesetzlich zulässigen Versammlungsformen gibt. Die Fassung vom Juni 2022 widerspricht insofern nicht dem Gesetz. Weitere neue Regelungen im Gesetz, beispielsweise zur Einberufung und Niederschrift, die noch nicht in der Mustersatzung vom Juni 2022 enthalten sind, müssen von Gesetzes wegen beachtet werden.
Sobald die Arbeitshilfe 88 (Band 1 und Band 2) aktualisiert wurde, werden wir Sie informieren.