Angesichts der durch die Entscheidung des OLG Karlsruhe hervorgerufenen Unsicherheiten bezüglich der Zulässigkeit virtueller Generalversammlungen (vgl. vdw aktuell 10/2021), welche auch durch die Entscheidung des BGH nicht beseitigt wurden, hat sich der GdW gemeinsam mit dem DGRV für eine Klarstellung im Genossenschaftsgesetz stark gemacht.
Eine solche Neuregelung wurde nun im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung virtueller Hauptversammlungen bei Aktiengesellschaften eingeführt und am 07.07.2022 vom Bundestag beschlossen. Am 08.07.2022 hat der Bundesrat die Änderung beschlossen. Die Regelung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der GdW hat sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass entgegen des ursprünglichen Entwurfs auch eine Generalversammlung im digitalen oder schriftlichen Verfahren nach § 32c der neuen GdW-Mustersatzung als zulässige Form einer Generalversammlung anerkannt wird. An den grundlegenden Neuerungen in der GdW-Mustersatzung kann daher im Grundsatz festgehalten werden.
Die Nutzung der alternativen Versammlungsformen, wie beispielsweise der rein virtuellen Versammlung oder der Versammlung im sog. schriftlichen Verfahren, wird künftig auch ohne explizite Satzungsregelung möglich sein. Vorstand und Aufsichtsrat sollen gemeinsam nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen der Mitglieder darüber entscheiden, in welcher Form die Versammlung stattfinden soll. Die Satzung kann jedoch die Möglichkeiten alternativer Versammlungsformen einschränken.
Nur noch für den Fall, dass eine Präsenzversammlung stattfinden und den Mitgliedern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, auf ihre weiteren Rechte jenseits des Stimmrechts gänzlich zu verzichten und lediglich ihre Stimme in schriftlicher oder elektronischer Form abzugeben, wird künftig zwingend eine Satzungsregelung erforderlich sein.
Wenngleich explizite Satzungsregelungen grundsätzlich nicht mehr erforderlich sind, empfehlen wir die Aufnahme entsprechender Regelungen in die Satzung. Die Sicherstellung der Mitgliederrechte, darauf hat der Gesetzgeber in der Begründung noch einmal explizit hingewiesen, gehört zu den Pflichten des Vorstands, was im Rahmen der regelmäßigen Geschäftsführungsprüfung vom Prüfungsverband zu prüfen ist. Von den Mitgliedern/ Vertretern beschlossene Satzungsregelungen bieten eine fundiertere Grundlage als Handlungsleitfäden, die lediglich zwischen Vorstand und Aufsichtsrat abgestimmt sind. Sollte es im Einzelfall erforderlich sein, beispielsweise eine virtuelle Generalversammlung durchführen zu müssen, ist dies jedoch auch ohne entsprechende Satzungsregelung möglich.
Die neue GdW-Mustersatzung enthält entsprechende Durchführungsregelungen, welche inhaltlich mit der neuen gesetzlichen
Regelung grundsätzlich kompatibel sind. Einzelne Änderungen an der neuen Mustersatzung werden wir jedoch demnächst vornehmen müssen. Die neue gesetzliche Regelung verwendet zum Teil auch andere Begriffe. Inhaltliche Widersprüche mit der neuen Mustersatzung gibt es dadurch nicht. Ob wir die neuen gesetzlichen Begriffe auch in die neue Mustersatzung übernehmen oder an den kürzlich in die Mustersatzung eingeführten Begriffen festhalten, wird gemeinsam mit dem GdW-Fachausschuss Recht besprochen.