Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Das Bundeskabinett hat deshalb am 25. April die Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften auf den Weg gebracht. Die Novelle des Gesetzes, das in seiner aktuellen Fassung seit der Ölkrise 1975 besteht, dient dazu, die Krisenvorsorge zu stärken und im Ernstfall schnell handlungsfähig zu sein. Der Bundestag beschloss die Novelle am 12. Mai. Der Bundesrat hat der Gesetzesänderung am 20. Mai zugestimmt. Am 22. Mai trat das Gesetz in Kraft.

Das Gesetz umfasst folgende Punkte:

Kritische Infrastruktur muss Aufgaben erfüllen
Das Bundeswirtschaftsministerium erhält neue Befugnisse, wenn künftig die Gefahr besteht, dass Unternehmen ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Unternehmen der kritischen Infrastruktur in der Energieversorgung können in solchen Fällen zeitlich befristet unter Treuhandverwaltung gestellt werden. Als letztes geeignetes Mittel sieht die Gesetzesänderung auch die Möglichkeit einer Enteignung vor.

Stilllegung von Gasspeichern nur mit Genehmigung
Gasspeicher haben in der aktuellen Lage eine erhebliche Bedeutung, um eine stabile Energieversorgung zu sichern. Die Bundesregierung stellt die Stilllegung von Gasspeichern deshalb unter einen Genehmigungsvorbehalt. Die vorläufige oder endgültige Außerbetriebnahme von Gasspeicheranlagen, Teilen dieser Anlagen oder des Netzanschlusses muss die Bundesnetzagentur vorher genehmigen.

Digitale Plattform für Erdgas
Eine weitere Ergänzung: Mithilfe einer digitalen Plattform für Erdgas soll künftig die Gasversorgung auch im Krisenfall sichergestellt werden. In einer nationalen Notfalllage können Gasmengen in einem effizienten und digitalen Verfahren angeboten und zugeteilt werden.

Preisanpassungen möglich
Stellt die Bundesnetzagentur fest, dass sich der Gasimport nach Deutschland erheblich reduziert, haben alle hiervon betroffenen Energieversorger entlang der Lieferkette das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen. So wird verhindert, dass Importeure in eine finanzielle Schieflage geraten, die kaskadenartige Auswirkungen auf den gesamten Markt haben kann. Im Falle solcher Preisanpassungen haben Kundinnen und Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht.

Ausrufung Notfallplan Gas
Am 23. Juni 2022 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, die zweite Stufe des „Notfallplan Gas” („Alarmstufe”) ausgerufen. Mit der Ausrufung der zweiten Stufe sind noch keine staatlichen Eingriffe in den Gasmarkt verbunden. Hoheitliche Maßnahmen nach dem Energiesicherheitsgesetz bzw. der Gassicherungsverordnung sind erst bei Ausrufung der dritten Stufe des Notfallplans Gas, der sogenannten Notfallstufe, möglich.
Wenn aber die Bundesnetzagentur nach Ausrufung der Alarmstufe oder Notfallstufe eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland feststellt, haben alle hiervon betroffenen Energieversorgungsunternehmen entlang der Lieferkette das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen. Diese Feststellung nach § 24 des Energiesicherheitsgesetzes ist bislang noch nicht durch die Bundesnetzagentur getroffen worden. Nach Aussage des Präsidenten der Bundesnetzagentur beruhen die durch die Versorgungsunternehmen erfolgten Preisanpassungen der Vergangenheit noch auf Preissteigerungen ab Herbst 2021. Der Markt werde aber weiterhin intensiv beobachtet.

Beurteilung:
Der neue Paragraf 24 des Energiesicherungsgesetzes, genannt „EnSiG” birgt erhebliche Risiken für Mitgliedsunternehmen, denn damit würden auch langfristige Verträge ausgehebelt werden, mit der Folge, dass die höheren Preise an die Wohnungsunternehmen weiterbelastet werden können. Soweit keine zeitnahe Anpassung der Vorauszahlungen erfolgt, führt dies zu einer erheblichen Liquiditätsbelastung für die Wohnungsunternehmen.