Aufgrund des Krieges in der Ukraine und der verhängten Sanktionen gegen Russland spitzt sich die Situation rund um die Gasversorgung weiter zu. Das BMWK hat in der Pressekonferenz von Minister Habeck am 12.05.2022 erneut darauf hingewiesen, dass die Reduktion des Gasverbrauches oberstes Gebot ist. Die Bundesnetzagentur schätzt die Gasversorgung in Deutschland Stand 12.05.2022 zwar als stabil ein, aber es kann jederzeit zu Ausfällen der Erdgaslieferung aus Russland kommen. Noch ist die Versorgungssicherheit gewährleistet. Die am 11.05.2022 durch Russland verkündete Einstellung der Versorgung einer Reihe von Gazprom-Germania-Töchtern betrifft nicht die Netzbetreiber. Es kann weiter dekretkonform Gas durch Nordstream 1 nach Deutschland geleitet werden, aber nicht zu den alten Konditionen.
Die Wohnungswirtschaft muss angesichts der politischen Aktivitäten, russisches Erdgas zu ersetzen, und angesichts des möglichen Lieferausfalls von russischem Erdgas ihren Beitrag zur Erdgaseinsparung leisten. Auch wenn Wohnungsunternehmen bzw. die durch sie versorgten Mieter zu den sog. geschützten Kunden gehören, muss sich die Branche auch auf Rationierungen oder Unterbrechungen der Erdgasversorgung vorbereiten. Diese sind umso wahrscheinlicher, je weniger gefüllt die Erdgasspeicher zu Beginn der Heizperiode sind, je eher russisches Erdgas ausfällt und je weniger gespart wird.
GdW und Regionalverbände appellieren erneut an alle Wohnungsunternehmen, vorrangig ihre gasversorgten Objekte auf Einsparpotenziale durch organisatorische und geringinvestive Maßnahmen hin zu untersuchen und diese vor der nächsten Heizperiode umzusetzen.
Zu diesen Maßnahmen zählt aus unserer Sicht auch, die unter dem geltenden Rechtsrahmen möglichen Spielräume für Absenkungen der zur Verfügung gestellten Raumtemperaturen zu prüfen und wenn möglich auszunutzen. Die Heizung muss, sofern nichts anderes vereinbart wurde, nach geltendem Recht so betrieben werden, dass folgende Temperaturen während der Heizperiode erreicht werden:
- Wohn- und Büroräume – auch Bad und Toilette – in der Zeit von 6:00 bis 23:00 Uhr mindestens 20 °C Zimmertemperatur,
- sonstige Nebenräume in der Zeit von 6:00 bis 23:00 Uhr mindestens 18 °C,
- in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr in allen Wohnräumen 18 °C
Auch außerhalb der Heizperiode muss bei entsprechenden Außentemperaturen die Beheizung der Wohnung gewährleistet sein. Der Vermieter muss spätestens dann heizen, wenn die Zimmertemperatur tagsüber für nicht nur ganz kurze Zeit unter 18°C sinkt.
Ohne staatliche Anordnungen ist es derzeit möglich, dass Mieter die Miete mindern können, sofern die dargestellten Mindesttemperaturen unterschritten werden. Eine Überversorgung der Gebäude muss angesichts der angespannten Lage jedoch dringend vermieden werden. Wir empfehlen daher die Beheizung der Gebäude möglichst dicht an den o. g. Mindesttemperaturen auszurichten.
Konkrete Einstellungen an den Heizungsanlagen, um die Temperatur auf ein bestimmtes Maß herabzusetzen, lassen sich nicht generell formulieren. Nach Erkenntnissen des Projektes BaltBest ist vor allem die Vorlauftemperatur bei Außentemperaturen zwischen 5 und 20 °C deutlich zu hoch eingestellt. Bereits ein Ende dieser Überversorgung führt zu deutlichen Einsparungen. Wir halten es für dringend erforderlich, jetzt die nötigen Schritte in die Wege zu leiten, um bis zur nächsten Heizperiode gezielte Temperaturabsenkungen umzusetzen.
Die Mieterhaushalte sollten über Veränderungen in der Betriebsweise der Heizungen und deren Folgen informiert werden. Dazu bieten sich auch die monatlichen Verbrauchsinformationen und speziell deren digitale Plattformen an, die so einen ergänzenden Nutzen erhalten können.
Ob eine Absenkung auch unter die dargestellten Mindesttemperaturen rechtlich sicher möglich sein wird, wissen wir derzeit nicht. Wir werden uns aber dafür einsetzen, dass bei einer entsprechenden Sparnotwendigkeit, z. B. bei Ausrufung der Alarm- oder Krisenstufe durch die Bundesregierung, der nötige Rechtsrahmen dafür geschafft wird, sollte zu dieser Maßnahme gegriffen werden müssen. Die Wohnungsunternehmen dürfen nicht zum Prellbock unspezifischer Energieeinsparappelle werden.