Die Wohnungswirtschaft Bayern hat 2021 2,5 Milliarden Euro investiert – mehr als jemals zuvor. Fast 5.300 Wohnungen wurden von den 493 sozial orientierten Wohnungsunternehmen im Freistaat gebaut. In ihren rund 540.000 Miet- und Genossenschaftswohnungen leben 1,4 Mio. Menschen bei einer Durchschnittsmiete von 6,59 Euro pro Quadratmeter. Diese Leistungsbilanz verkündete Verbandsdirektor Hans Maier beim Tag der Wohnungswirtschaft Bayern in Garching. Eine zukünftige Herausforderung für die Wohnungswirtschaft sei es, auch weiterhin bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Deshalb fordern die Delegierten in ihrer Entschließung einen sozialen Klimaschutz.

Verbandstag im Auditorium. So mancher Besucher des Tags der Wohnungswirtschaft Bayern erinnerte sich am 18. Mai an seine Hochschulzeit zurück. Die Veranstaltung fand im nagelneuen SCC Kongresszentrum der TU München in Garching statt, und zwar in einem Audimax mit über 1.000 Plätzen. „Wir sind hier an einem Ort, an dem auf Weltklasseniveau gearbeitet wird“, sagte Moderator Tobias Ranziger bei seiner Anmoderation. Beste Bedingungen in Pandemie-Zeiten mit großzügig Platz für Verbandsmitglieder, Gäste und Partner, die nach langer Durststrecke endlich wieder einmal die Gelegenheit für Austausch und zum Netzwerken hatten. Themen gibt es aktuell für die Wohnungswirtschaft zuhauf. Im Fokus der Veranstaltung stand vor allem der Klimaschutz im Gebäudebestand.

„Die Mitgliedsunternehmen des VdW Bayern sind die Hüter für das bezahlbare Wohnen im Freistaat“, lobte der Landrat für den Landkreis München Christoph Göbel in seinem Grußwort. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Baugesellschaft München Land kennt er die schwierige Situation für Wohnungsunternehmen aus erster Hand und forderte deshalb mehr Unterstützung für den Wohnungsbau. Wichtig ist für ihn der Dialog der Kommunen mit den verantwortlichen Staatsministerien, um bei der Wohnraumförderung schnell auf das Umfeld mit steigenden Bauzinsen und immer teureren Baustoffen reagieren zu können.

Wohnungswirtschaft im Sturm

GdW-Präsident Axel Gedaschko konnte wegen einer Terminüberschneidung nicht persönlich vor Ort sein und steuerte sein Grußwort bei der hybriden Veranstaltung per Video bei. Die aktuelle Lage bezeichnete der GdW-Präsident als den perfekten Sturm für das bezahlbare Bauen und Wohnen in Deutschland. Derzeit braue sich eine toxische Mischung für das Schaffen und den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum zusammen. Als maßgebliche Faktoren nannte er den Materialmangel, die Inflation, einen dramatischen Handwerkermangel und die immens gestiegenen Baukosten, die das Bauen erschweren – betroffen sei besonders auch das klimaschonende Bauen. In Summe würden diese Faktoren die ambitionierten Pläne der Bundespolitik für den Klimaschutz im Gebäudesektor bedrohen und dazu führen, dass rund ein Drittel der deutschen Wohnungsunternehmen geplante Bauprojekte vorerst auf Eis legen. Die politischen Ziele bezeichnete Gedaschko deshalb als Makulatur und forderte von Seiten der Politik einen Schuss mehr Realitätssinn. Die nationale Politik habe die Situation derzeit offensichtlich nicht im Griff, was sich beispielsweise beim KfW-Förderchaos zeige. Speziell der Stopp des Programms Effizienzhaus 55 bedeute, dass qualitativ hochwertiger Wohnraum für den Otto-Normal-Mieter unerschwinglich wird. Dasselbe gelte für die Novelle des Gebäudeenergie Gesetzes (GEG). Hier sei das Hauptproblem nicht die geplante Verschärfung des Gesetzes, sondern dass es keine Förderung gibt. „Die Wohnungswirtschaft hält einen neuen strategischen Ansatz beim Klimaschutz für überfällig und hat dazu bereits mehrfach Vorschläge gemacht“, sagte Gedaschko. Als zentrale Themen bezeichnete er die Vermeidung von Treibhausgasen als Steuerungsindikator für die Förderung sowie Aktivierungsstrategien für sektorenübergreifende Quartierslösungen und die Beseitigung von Hemmnissen für die lokale Nutzung erneuerbarer Energien. Diese Punkte sollten sich im neuen GEG wiederfinden. Dazu würden derzeit intensive Gespräche mit der Ampelkoalition und der Bundesbauministerin geführt.

„Auch wenn die Situation sehr komplex ist, hilft es nicht die Hände in den Schoß zu legen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Erreichung der Klimaschutzziele in der Wohnungswirtschaft eine Chance hat, wenn unsere Vorschläge von der Politik angenommen und umgesetzt werden“, sagte der GdW-Präsident abschließend.

Wie gestalten wir gemeinsam Wohnen in Bayern klimasensibel und bezahlbar? Bayerns Bauminister Christian Bernreiter sprach über die gemeinsame Herausforderung von Politik und Wohnungswirtschaft.

Bild unten: Bauminister Christian Bernreiter mit den Verbandsdirektoren Andreas Pritschet (links) und Hans Maier.

Klimasensibles Planen und Bauen als gesamtgesellschaftliche Generationenaufgabe

Bayerns Bauminister Christian Bernreiter erklärte: „Ich freue mich, dass ich am heutigen Verbandstag mit dabei sein darf. Mein Dank gilt vor allem allen Beteiligten für das großartige Engagement im Bereich der Wohnungswirtschaft. Denn bezahlbares und klimaschonendes Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit. Deshalb lautet unser Motto auch: bauen, bauen, bauen.“ 2021 wurden für über 80.000 Wohnungen Baugenehmigungen erteilt oder das Verfahren zur Genehmigungsfreistellung abgeschlossen – eine Zunahme um 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2020. Seit 1995 gab es nicht mehr so viele Baufreigaben. Die Mietwohnraumförderung hat sich ebenfalls mit einem Plus von 3 Prozent auf über 4.800 Wohnungen sehr stark entwickelt. Bernreiter weiter: „Das sind wirklich tolle Ergebnisse! Natürlich sind die Rahmenbedingungen derzeit herausfordernd und die Themen Klima und Umwelt werden immer zentraler. Umso wichtiger ist es, dass wir klimasensibles Planen und Bauen als gesamtgesellschaftliche Generationenaufgabe verstehen und sie kooperativ anpacken. Lassen Sie uns weiter gemeinsam zukunftsfähige Lösungen für die Menschen in Bayern finden!“

Bezahlbares Wohnen und Klimaschutz – das war die zentrale Botschaft von Verbandsdirektor Hans Maier

Sozial gerechter Klimaschutz – geht das überhaupt ?

2045, 2040, 2035 – so lauten die Ziele für das Erreichen der Klimaneutralität von Bund, Bayern und einigen ambitionierten Kommunen. Der Weg zur Umsetzung im Gebäudebereich bereite viele Wohnungsunternehmen Sorgen. „Da kommen Milliardeninvestitionen in den Gebäudebestand auf uns zu.“ Diese Kosten würden letztlich von den Mietern getragen. Deshalb sei es entscheidend, nicht ständig die Anforderungen an die Gebäudehülle zu erhöhen und die Baukosten mit immer strengeren Effizienzstandards in die Höhe zu treiben. „Die Lösungen für das beste Vorgehen beim Klimaschutz müssen wir in der sozial orientierten Wohnungswirtschaft von unseren Mietern her denken und nicht von den Standards. Bei uns wohnen nämlich ganz viele Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen“, sagte der Verbandschef.

Die Wohnungswirtschaft Bayern empfiehlt stattdessen Investitionen in den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien. „Wir brauchen ein gut gedämmtes Gebäude, eine robuste Anlagentechnik, mit der Mieter noch gut umgehen können, und den Zugang zu erneuerbaren Energien“, sagt Maier. Von den Kommunen wünscht er sich kommunale Wärmeplanungen, damit die Wohnungswirtschaft weiß, wo man auf eine kommunale Versorgung bauen kann. Besonders für Quartiere, die nicht über Fern- oder Nahwärmenetze versorgt werden können, seien Lösungen gefragt.

Entschließung der Delegierten

Die Verbandsmitglieder suchen beim Klimaschutz nach bezahlbaren Lösungen für ihre Mieter, so steht es in der Entschließung, die von der Mitgliederversammlung beim Tag der Wohnungswirtschaft Bayern verabschiedet wurde. Aus Sicht der Wohnungswirtschaft sind massentaugliche Konzepte nötig und keine Leuchtturmprojekte. Als zentrale Themen nennt das Dokument die Dekarbonisierung der Energieversorgung, den Ausbau von Wärmenetzen, wirtschaftliche Bedingungen für Mieterstrommodelle, eine bezahlbare erneuerbare Energieversorgung im ländlichen Raum und Lösungen für Denkmalschutzgebäude. „All das dient dem sozialen Klimaschutz und für dieses Ziel brauchen wir Mitstreiter auf allen Ebenen“, erklärt der Verbandsdirektor.

Podiumsdiskussion: Perspektiven für den Wohngebäudebestand klimaneutral – generationsgerecht – (noch) bezahlbar?

Verabschiedung und Auszeichnung des Verbandsvorsitzenden Jörg Kosziol durch den Vorstand des VdW Bayern.