Endlich vom BGH entschieden: Die Kosten der Fällung eines morschen, nicht mehr standsicheren Baums sind grundsätzlich umlagefähige Kosten der Gartenpflege im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV (BGH vom 10.11.2021, Az. VIII ZR 107/20).
Die Klägerin ist Mieterin einer Genossenschaftswohnung. Im Jahr 2015 ließ die Beklagte eine seit über 40 Jahren auf dem Anwesen stehende Birke fällen, da der Baum morsch und nicht mehr standfest war. Die Kosten der Baumfällung in Höhe von insgesamt 2.494,24 Euro legte die Beklagte im Rahmen der Betriebskostenabrechnung 2015 als Gartenpflegekosten auf die Mieter um. Auf die Klägerin entfiel von den Kosten des Baumfällens ein Betrag in Höhe von 415,29 Euro, welche die Klägerin zunächst unter Vorbehalt leistete, um dann die Beklagte gerichtlich auf Rückzahlung in Anspruch zu nehmen. Ihre Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg, über die vom Berufungsgericht zugelassene Revision entschied nun der BGH:
Nach Ansicht des BGH steht der Klägerin ein Anspruch auf Rückerstattung der auf die Kosten der Baumfällung entfallenden Betriebskosten nicht zu. Die Klägerin hatte diesen Betrag mit Rechts-
grund geleistet, da die Kosten der Fällung des morschen und nicht mehr standsicheren Baums zu den umlagefähigen „Kosten der Gartenpflege” im Sinne von § 2 Nr. 10 BetrKV gehören.
Die Urteilsbegründung zu diesem seit langem innerhalb Rechtsprechung und Fachliteratur ganz unterschiedlich beurteilten Problem ist sehr umfangreich, da sich der BGH mit unterschiedlichsten Aspekten auseinandersetzt und kann daher im Folgenden nur in den wichtigsten Punkten dargestellt werden:
1)
Zunächst greift der BGH auf, dass § 2 Nr. 10 BetrKV generell die Kosten der Pflege von zum Wohnanwesen gehörenden, gemeinschaftlichen Gartenflächen umfasst, die nicht dem Vermieter oder anderen Mietern zur alleinigen oder der Öffentlichkeit zur allgemeinen Nutzung überlassen sind, unabhängig davon, ob der Mieter diese Gartenfläche auch tatsächlich nutzt.
Hierunter fallen auch die Kosten der Fällung eines – wie hier – morschen, nicht mehr standfesten Baumes. Denn die Fällung und Beseitigung eines solchen Baums ist regelmäßig eine objektiv erforderliche Maßnahme der Gartenpflege. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV: „…die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen.“ Bei Bäumen handelt es sich sowohl um (verholzte) Pflanzen als auch um Gehölze in diesem Sinne. Dass in der Erläuterung des § 2 Nr. 10 BetrKV lediglich die „Erneuerung” von Pflanzen und Gehölzen und nicht deren Entfernung erwähnt wird, steht einer Umlagefähigkeit von (bloßen) Beseitigungskosten nicht entgegen. Denn das Entfernen von Pflanzen und Gehölzen unterfällt bereits dem (Ober-)Begriff der „Gartenpflege”. Diese erfordert nicht nur Arbeiten, die dem Erhalt einzelner Pflanzen und Gehölze dienen, sondern eben auch deren Entfernung, wenn sie krank, abgestorben oder morsch und nicht mehr standsicher sind.
2)
Es handelt sich um keine – der Umlagemöglichkeit entzogenen – Instandsetzungskosten im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr.2 BetrKV: Eine Instandsetzung oder Instandhaltung betrifft Mängel an der Substanz einer Immobilie oder ihrer Teile. Die bloße Tatsache, dass ein Baum morsch oder eine Pflanze abgestorben ist, erfüllt in Anbetracht des Umstands, dass ein Garten aus einer Vielzahl von Pflanzen besteht und eine konkrete Zusammensetzung an Pflanzen regelmäßig nicht geschuldet ist, grundsätzlich nicht die Tatbestandsvoraussetzungen eines Mangels.
Die Kosten für die Fällung eines nicht mehr standfesten Baums sind auch nicht deshalb als Instandhaltungskosten anzusehen, weil der Vermieter durch die Fällung zugleich seiner Verkehrssicherungspflicht genügt. Denn die Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten ist als rein haftungsrechtlicher Gesichtspunkt kein maßgebendes Kriterium zur Abgrenzung zwischen Instandhaltungs- und Betriebskosten; vielmehr können auch Kosten für Maßnahmen, die gleichzeitig der Wahrnehmung einer Verkehrssicherungspflicht des Vermieters dienen, als Betriebskosten umlagefähig sein.
3)
Einer Einordnung von Baumfällkosten als Betriebskosten steht nicht entgegen, dass diese nicht in kurzen Intervallen anfallen. Für die Annahme laufender Kosten ist es nicht erforderlich, dass diese jährlich oder in festgelegten Abständen entstehen. Vielmehr reicht auch ein mehrjähriger Turnus aus. Der Erneuerungsbedarf ist in zeitlicher Hinsicht nicht in dem Maße voraussehbar, wie dies bei anderen Betriebskosten der Fall ist, da es sich bei Pflanzen und Gehölzen um Lebewesen handelt und sie daher nicht ohne Weiteres mit den anderen, auf baulichen und technischen Gegebenheiten beruhenden Betriebskosten vergleichbar sind. Ihre Lebens-
dauer lässt sich nicht stets sicher vorhersagen. Der Entstehung von „Kosten der Gartenpflege” sind längere, nicht sicher vorherbestimmbare Zeitintervalle immanent.
4)
Auch die Höhe von Betriebskosten ist (allein) kein maßgebendes Kriterium zur Beurteilung der Frage ihrer grundsätzlichen Umlagefähigkeit. Das Betriebskostenrecht gewährleistet nicht pauschal den Schutz des Mieters vor im Einzelfall angefallenen hohen Kosten. Eine allgemeine Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter gegeneinander findet im Betriebskostenrecht – über den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz hinaus – nicht statt. Davon abgesehen können auch für das in der Begründung zur Betriebskostenverordnung ausdrücklich erwähnte und umlagefähige „Schneiden und Ausasten” der Kronen alter, großer Bäume erhebliche Kosten entstehen, welche im Einzelfall die Kosten einer reinen Fällung übersteigen können.
5)
Ob und unter welchen Umständen der Vermieter gehalten sein kann, die Kosten der Fällung eines Baums nicht in vollem Umfang in das Abrechnungsjahr einzubeziehen, in dem sie anfallen, sondern über mehrere Jahre verteilt umzulegen, bedurfte vorliegend keiner Entscheidung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass im Streitfall deshalb ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, weil die angefallenen Kosten besonders hoch wären und die Klägerin durch die einmalige Umlage dieser Kosten in unbilliger Weise erheblich belastet würde.