In einem mit Spannung erwarteten Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 18. November 2021 (I ZR 106/20 – Kabel-TV-Anschluss) die Rechtsansicht der Wohnungswirtschaft bestätigt, dass der Mieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an einen vom Vermieter zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Breitbandkabelanschluss gebunden ist und dabei anfallende Kosten als Betriebskosten abgerechnet werden dürfen. Der BGH stellt dazu fest, dass die Bindung der Mieter an einen zur Verfügung gestellten kostenpflichtigen Kabel-TV-Anschluss nicht gegen § 43b Telekommunikationsgesetz (TKG) verstoße. Schon beide Vorinstanzen hatten ebenso entschieden.

Dem Urteil liegt eine Klage der privaten Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen ein großes Mitgliedsunternehmen in Nordrhein-Westfalen auf Unterlassung zugrunde. Die Klägerin sah in der Abrechnung des TV-Entgelts über die Betriebskosten einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 43b Telekommunikationsgesetz (TKG) darin, dass die Mietverträge keine Regelung enthalten, nach der die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabelanschlusses wenigstens zum Ablauf einer Laufzeit von 24 Monaten kündbar sei, und die Beklagte nicht den Abschluss von befristeten Verträgen für die Bereitstellung solcher Anschlüsse anbiete. Die Beklagte hatte angeführt, dass § 43b TKG im Falle der mietvertraglichen Abrechnung über die Betriebskostenverordnung nicht anwendbar sei.

Zu begrüßen ist zudem die ausdrückliche Feststellung des BGH, dass nach der am 1. Dezember 2021 in Kraft tretenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) Vermieter die Kosten des Breitbandanschlusses bei Bestandsanlagen bis zum 30. Juni 2024 weiterhin über die Betriebskosten ihren Mietern in Rechnung stellen können. Der BGH hat ferner bestätigt, dass das für Mieter neu eingeführte Opt-out-Recht, also das Recht, einen zur Verfügung gestellten Telekommunikationsdienst gegenüber dem Vermieter separat zu beenden, in den Fällen der Abrechnung über die Betriebskosten erst ab dem 1. Juli 2024 anwendbar sei.

Nach einer ersten Einschätzung erscheint die Begründung des BGH jedoch widersprüchlich. Wie aus der beigefügten Pressemitteilung hervorgeht, geht der BGH – teilweise entgegen den Vorinstanzen – davon aus, dass der Vermieter bei einer sammelinkas-
sierten Versorgung, die über die Betriebskosten abgerechnet wird, dem Mieter gegenüber einen Telekommunikationsdienst erbringe. Dennoch hat der BGH einen Verstoß gegen § 43b TKG verneint. Für eine detaillierte Bewertung bleibt die bislang nicht veröffentlichte Urteilsbegründung abzuwarten. Der GdW wird wie angekündigt das BGH-Urteil auswerten und bei seiner derzeit vorbereiteten Arbeitshilfe zur Umsetzung der TKG-Novelle berücksichtigen. Schon vor dem Urteil war die Feststellung des BGH, wonach das Wohnungsunternehmen gegenüber dem Mieter einen Telekommunikationsdienst erbringe, auch Gegenstand unserer laufenden steuer- und telekommunikationsrechtlichen Prüfung möglicher künftiger Versorgungsmodelle. Der BGH stellt – obwohl er die Leistung des Vermieters als Telekommunikationsleistung wertet – die derzeitige Betriebskostenumlage nicht in Frage. Somit gilt die umsatzsteuerliche Beurteilung, dass es sich um eine Nebenleistung zur i.d.R. umsatzsteuerbefreiten Hauptleistung Vermietung handelt, zunächst fort. Zur Frage der Anwendung der sog. Umkehr der Umsatzsteuerschuldnerschaft bei Telekommunikationsdienstleistungen (§ 13 b UStG) befinden wir uns zurzeit in der Klärung mit dem BMF. Wir gehen aber nach ersten mündlichen Äußerungen davon aus, dass Wohnungsunternehmen hiervon nicht betroffen sind.