Das Ziel des Klimaschutzes bringt eine Reihe neuer Ideen hervor. Eine davon ist die Anbringung von Photovoltaikanlagen („Balkonkraftwerke“) durch Mieter von Wohnungen. Dies birgt neben der aktuellen politischen Debatte zum „Klimaschutz“ zusätzlich noch einen denkbaren finanziellen Anreiz für die Mieter im Hinblick auf die Stromkosten. Da diese Anlagen oftmals an den Außenseiten der Balkone angebracht werden müssen, um ausreichend von der Sonne beschienen zu werden, ist eine Erlaubnis des Vermieters erforderlich. Es handelt sich vorliegend schon aus diesem Aspekt heraus um eine „bauliche Veränderung“, da durch das sichtbare Anbringen der Photovoltaikanlage an der Balkonaußenumrandung der optische Eindruck des Gebäudes beeinträchtigt wird. Falls nur ein Aufstellen der Anlage auf dem Balkon erfolgt, und diese daher von außen auch nicht sichtbar ist, wäre zumindest das Aufstellen vom Gebrauchsrecht des Mieters gedeckt. Wird der aus der Solaranlage gewonnene Strom jedoch über neue Leitungen und den Lichtschalter in das vorhandene Stromnetz eingespeist, dann läge wiederum aus diesem Grund jedenfalls eine bauliche Veränderung vor, die als Substanzeingriff in das durch Art. 14 GG geschützte Eigentum des Vermieters von dessen vorheriger Zustimmung abhängig wäre.

Grundsätzlich ist es Sache des Vermieters, darüber zu entscheiden, ob der Mieter bauliche Veränderungen vornehmen darf oder nicht. Für bestimmte bauliche Veränderungen ist gesetzlich vorgesehen, dass der Vermieter in eine Interessenabwägung einsteigen muss, in welcher die Belange des Mieters gegen die Belange des Vermieters abgewogen werden: Dies gilt im Rahmen des neu formulierten § 554 BGB, der die Fälle einer baulichen Veränderung zum Zwecke einer Barrierereduzierung, einer Unterstützung der E-Mobilität sowie zur Stärkung des Einbruchsschutzes nennt. Balkonkraftwerke sind hier nicht genannt.

Im Fall von Balkonkraftwerken gibt es allerdings die Entscheidung des AG Stuttgart vom 30.3.2021, welche dennoch – also abseits des § 554 BGB – von einer Pflicht des Vermieters zur Erlaubniserteilung unter gewissen Voraussetzungen ausgeht. Dieser Anspruch ergebe sich aus dem Grundsatz von „Treu und Glauben“, sofern weitere Voraussetzungen erfüllt seien, so das Gericht (AG Stuttgart vom 30.03.2021 (37 C 2283/20)).

Das AG Stuttgart sagt hierzu:

„Stellt die Mieterpartei auf dem Balkon Solarmodule auf und betreibt damit ein sog. „Balkonkraftwerk“, obwohl dies im Mietvertrag nicht gestattet ist und der Vermieter die Anlage nicht genehmigt hat, so kann unter dem Gesichtspunkt der politisch und gesellschaftlich gewünschten Energie-Wende gleichwohl ein Erlaubnisanspruch bestehen, der dem Entfernungsanspruch entgegengehalten werden kann, wenn …“

Im Anschluss hieran werden im Urteil Voraussetzungen für einen Anspruch des Mieters auf Erlaubnis aufgezählt.

Die vom AG Stuttgart aufgezählten Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung sind nach Ansicht des Bereiches Technik des GdW nicht alle zutreffend und im Ergebnis auch nicht ausreichend.
Zusammen mit dem GdW haben wir daher eine „Checkliste“ erstellt, die die wesentlichen, derzeit bekannten Voraussetzungen auflistet, die erfüllt sein sollten, um dem Mieter die Erlaubnis zu erteilen. Diese finden Sie hier zum Herunterladen: Download

Anmerkung

Es ist noch nicht absehbar, ob andere Gerichte der Entscheidung des AG Stuttgart folgen, und ebenfalls einen Anspruch des Mieters auf Erlaubniserteilung bejahen werden. Denn spannend ist ja immerhin folgender Aspekt: Der neu geschaffene § 554 BGB gibt eine Grundlage für Balkonkraftwerke in seinem Anwendungsbereich gar nicht her. Und er hilft auch erst einmal nur, überhaupt in eine Interessenabwägung einzusteigen, deren Ausgang aber vorerst auch noch offen wäre. Das AG Stuttgart leitet den Anspruch des Mieters direkt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ab, also jenseits des § 554 BGB.

Derzeit ist somit juristisch – noch – die Ansicht vertretbar, der Mieter habe in derartigen Fällen gar keinen Anspruch auf Erlaubniserteilung. Man wird abwarten müssen, wie sich das Meinungs-
spektrum bei den Instanzgerichten und den Beiträgen in den Fachzeitschriften noch entwickelt. Abgesehen davon, könnte man sich als Wohnungsunternehmen „gesellschaftspolitisch“ positionieren, indem die Mieter an der Energiewende mitwirken und zudem noch einen finanziellen Vorteil hierdurch haben.

In unseren Muster-Miet- und Nutzungsverträgen ist in § 11 zwar ein Zustimmungserfordernis niedergelegt. Die Erteilung einer Genehmigung wird durch die Vertragsregelung allerdings durchaus „in Aussicht gestellt“, sofern nämlich „dem Mietgebrauch entsprochen ist und dem Vermieter keine Nachteile entstehen“. Dies könnte durchaus als Türöffner verstanden werden. Aber auch die Widerruflichkeit der Gestattung ist in den Muster-Miet- und Nutzungsverträgen geregelt. In der Gestattung sollten daher alle, dem Vermieter wichtigen Punkte festgelegt sein, wie etwa eine Zusatzkaution, oder die Herstellung bzw. auch die Aufrechterhaltung eines angemessenen Versicherungsschutzes durch den Mieter. Schon deswegen, um die Gestattung gegebenenfalls widerrufen zu können.