Tag der Wohnungswirtschaft
„Wohnen muss bezahlbar bleiben“ – unter diesem Motto stand der Tag der Wohnungswirtschaft Bayern 2021 am 28. Juli. Nach eineinhalb Jahren Veranstaltungspause war das Hybridevent in der Nürnberger Meistersingerhalle für den VdW Bayern und seine Mitglieder wieder ein Schritt Richtung Normalität. 200 Gäste vor Ort erlaubte das Hygienekonzept der Halle, die weiteren Teilnehmer konnten den Verbandstag über den Livestream verfolgen. Im Foyer der Meistersingerhalle, der neuen Partnerlounge und im Saal – spürbar groß waren Freude und Erleichterung der Besucher über die Möglichkeit des persönlichen Kontakts.
Der Tag der Wohnungswirtschaft stand ganz im Zeichen der nahenden Bundestagswahl 2021. Für die kurzfristig erkrankte Hauptrednerin Staatsministerin Kerstin Schreyer sprang Ministerialdirigentin Ingrid Simet aus dem Bauministerium ein. Die Bundespolitik war durch die Bundestagsabgeordneten Daniel Föst (FDP), Michael Kießling (CSU), Stefan Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen)und Claudia Tausend (SPD) gut vertreten – sie diskutierten unter dem Schlagwort „Wohnen im Fokus“ über die Zukunft des bezahlbaren Wohnens.
Doch zunächst begrüßte Nürnbergs Wirtschafts- und Wissenschaftsreferent Dr. Michael Fraas die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Er informierte über die aktuelle Situation auf dem Nürnberger Wohnungsmarkt und dankte der sozial orientierten Wohnungswirtschaft für ihren Einsatz. Seine Botschaft: Die Wohnungskrise kann nur gemeinsam von Kommunen, Freistaat, Bund und Wohnungswirtschaft gelöst werden. Wichtig sei aber auch die Akzeptanz der Bevölkerung für den Wohnungsneubau – hier müssten die Kommunen teilweise dicke Bretter bohren und um Verständnis bei den Anwohnern werben.
Nachhaltiges Wohnen – in der Stadt und auf dem Land
Herzliche Grüße der Bauministerin Kerstin Schreyer überbrachte Ministerialdirigentin Ingrid Simet. Sie berichtete über aktuelle Themen aus dem Bayerischen Bauministerium. „Die Wohnraumversorgung in den Städten und dem ländlichen Raum beschäftigt uns derzeit stark“, sagte Simet. Im Jahr 2020 wurden die Wohnraumfördermittel bis auf den letzten Cent abgerufen. Dafür bedankte sich die Ministerialdirigentin und betonte das gemeinsame Ziel von Bauministerium und Wohnungswirtschaft, kostengünstigen, guten und qualitätvollen Wohnraum zu schaffen. „Wohnraumversorgung ist die soziale Frage unserer Zeit.“ Auch wenn aktuelle Herausforderungen wie der demographische Wandel, der Klimaschutz oder die Coronakrise immer wieder im Vordergrund stehen, man müsse immer im Bewusstsein haben, dass die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum ein elementares Grundbedürfnis ist. „Der geförderte und der freifinanzierte Wohnungsbau müssen vorangetrieben werden“, betonte Simet. Hier gelte die Devise bauen, bauen, bauen. Dem Bauministerium sei aber auch bewusst, dass diese Aussage vor dem Hintergrund des Flächensparens und der Angst der Anwohner vor Nachverdichtung und Veränderung nicht nur Anhänger hat. Mit diesen Zielkonflikten müsse man sich auseinandersetzen.
Dabei gelte es auch, die passenden Rahmenbedingungen für den Umzug aufs Land zu schaffen und den ländlichen Raum durch modernen Wohnraum für die ortsansässige Bevölkerung attraktiv zu machen. Die Coronakrise habe gezeigt, wie essenziell eine gute digitale Versorgung ist. An diesem Punkt müsse ebenso wie an den Verkehrsanbindungen gearbeitet werden.
Insgesamt zeigte sich Simet stolz auf den Wohnungsbau im Freistaat. Trotz aller Einschränkungen durch die Corona-Situation auf den Baustellen und Ämtern wurde mit 64.000 Baufertigstellungen und 78.000 Baugenehmigungen ein Rekord aufgestellt. Im geförderten Wohnungsbau konnten die Mittel des Freistaats mit 848 Mio. Euro auf dem hohen Niveau der letzten Jahre gehalten werden. Die Fördermittel werden auch weiterhin dringend gebraucht, denn die Beratungsstellen der Regierungsbezirke melden einen riesigen Bedarf. „Die Wohnungswirtschaft steht und erfüllt ihren Auftrag“, lobte die Ministerialdirigentin.
Zukunft des bezahlbaren Wohnens – Erwartungen müssen sich an der Praxis messen lassen
„Wir sind die, die nachhaltig bezahlbares Wohnen für Menschen in Bayern bieten.“ Diese Positionierung hat der Landesausschuss des VdW Bayern bei seiner Sitzung vor dem Verbandstag formuliert. Auch wenn diese Aussage eigentlich für die Arbeit der Verbandsmitglieder selbstverständlich ist, mache die öffentliche Diskussion und das derzeit beliebte Vermieter-Bashing eine Abgrenzung der sozial orientierten Wohnungswirtschaft nötig. Doch werden die Probleme am Wohnungsmarkt durch das Anprangern von Vermietern gelöst? – Diese rhetorische Frage stellte Verbandsdirektor Hans Maier bei seinem politischen Rechenschaftsbericht und leitete so gleich zum eigentlichen Lösungsansatz für die Wohnraumproblematik über. Die Versorgung mit angemessenem Wohnraum könne nur durch eine Ausweitung des Angebots erreicht werden und sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, stellte der Verbandsdirektor klar. Maier betonte auch, dass die Wohnungswirtschaft sich nicht in Konkurrenz zu Bauträgern im Eigentumssektor sieht. Vielmehr würden alle Akteure am Wohnungsmarkt gebraucht.
Klare Botschaft: Die Einnahmen müssen die Kosten decken
Die Verbandsmitglieder decken dabei das Marktsegment des bezahlbaren Wohnens ab. Und das mit vollem Einsatz. Im Jahr 2020 wurden rund 2,2 Milliarden Euro in das nachhaltige Wohnen investiert. Die Durchschnittsmiete der 543.000 Wohnungen im Bestand der Mitglieder beträgt 6,40 Euro und damit 30 bis 50 Prozent unter den ortsüblichen Vergleichsmieten in Bayern. „Aber auch für die bayerischen Wohnungsunternehmen gelte das Wirtschaftlichkeitspostulat: Die Einnahmen müssen die Kosten decken“, sagte Maier mit Blick auf die anwesenden Politiker. Tatsache sei, dass die Wohnungswirtschaft nur bezahlbares Wohnen bieten kann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und diese würden nun mal von Bund, Ländern und Kommunen vorgegeben.
Eine Aufgabe des VdW Bayern ist es, die passenden Rahmenbedingungen für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft einzufordern. Dazu zähle in erster Linie der Zugang zu bezahlbarem Bauland. Zielführend für die Verbandsmitglieder seien Konzeptausschreibungen, Verbilligungsrichtlinien oder auch kommunale Bebauungsvorgaben wie die Münchner SoBoN, zählte Maier auf.
Das zweite große Thema beim Wohnungsneubau sind aus Sicht des VdW Bayern die Baupreise. Bei der Baukostensenkung war die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode nicht erfolgreich, kritisierte der Verbandschef. Steigende Baupreise und bezahlbarer Wohnungsbau ließen sich leider nicht vereinbaren. Wenn die Politik ernsthaft mehr bezahlbaren Wohnraum möchte, müssten die Baukosten durch mehr staatliche Fördermittel ausgeglichen werden. „Die Kürzung der Wohnraumfördermittel durch den Bund war das falsche gesellschaftspolitische Signal“ machte Maier deutlich und bedankte sich in diesem Zusammenhang beim Bayerischen Bauministerin für den erfolgreichen Einsatz um die Wohnraumfördermittel des Freistaats. Eine Wunschliste legte der Verbandsdirektor dennoch vor: Die Weiterentwicklung der bayerischen Wohnbauförderrichtlinien und die Anhebung des Investitionszuschusses.
Abschließend ging Maier noch auf die aktuellen Klimaschutzziele der Bundesregierung für den Gebäudebestand ein. „Wer nicht will, dass sich Menschen mit geringem Einkommen die Miete nicht mehr leisten können, muss sich für einen sozialen Klimaschutz einsetzen, sagte er. Denn das Wohnen müsse für die Menschen in Bayern bezahlbar bleiben.
Wohnen im Fokus – Diskussionsrunde zur Bundestagswahl
Die Baulandfrage, ein Weg aus der Baukostenspirale, sozialer Klimaschutz und das Leben im ländlichen Raum waren auch die Themenschwerpunkte bei der Podiumsdiskussion mit den Bundestagsabgeordneten Daniel Föst (FDP), Michael Kießling (CSU), Stefan Schmidt (Bündnis 90 / Die Grünen) und Claudia Tausend (SPD). Die Position der Wohnungswirtschaft vertrat der Präsident des Bundesverbands GdW Axel Gedaschko. Er formulierte auch die Erwartungen der Branche an die neue Bundesregierung: „Weniger vordergründige Ziele beschreiben, um einem vermeintlichen Wählerwunsch nachzukommen, als erfüllbare Realitäten umsetzen.“