Seit das Bundesverfassungsgericht am 29.04.2021 das Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärte, geht es Schlag auf Schlag. Bereits am 12.05. verabschiedete das Bundeskabinett ein neues Klimaschutzgesetz. Zum Entsetzen der deutschen Vermieter wurde vom Kabinett in diesem Zug auch eine 50:50-Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Vermieter und Mieter beschlossen. Das parlamentarische Verfahren steht noch aus. Diesen Schritt hatte man nicht vorhergesehen. Die Wohnungswirtschaft hätte Verständnis gehabt, wenn sich Vermieter mit unsanierten Wohnungen an den CO2-Kosten beteiligen müssen. Aber alle Wohnungsvermieter über einen Kamm zu scheren, wirkt auf die Branche wie ein Vertrauensbruch.

Dabei muss man sich noch einmal bewusst machen, dass die Gesetzes- und Fördervorhaben der letzten 12 Monaten erhebliche Verbesserungen für die Wohnungswirtschaft brachten:

  • die Flexibilisierungen im GEG bei Beibehaltung der Anforderungen (seit 01.11.2020),
  • die Verbesserungen für den Mieterstrom mit dem EEG (seit 01.01.2021),
  • die beihilfefreie Zuschussförderung des BEG, seit 01.01.2021 für Einzelmaßnahmen und ab 01.07.2021 für Effizienzhäuser,
  • die Möglichkeit zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ohne Verlust der erweiterten Gewerbesteuerkürzung, voraussichtlich ab Sommer 2021 (Bundesrat 28.05.2021, Inkrafttreten am Tag nach Verkündung)

Doch es kommen noch die schwierigen Vorhaben. Kurz vor Ende der Legislaturperiode werden weitere Regelungen bearbeitet, jedoch ist keine davon bereits abgeschlossen. Im folgenden geben wir einen Überblick über die für die Wohnungswirtschaft wichtigen aktuellen Entwicklungen aus dem Bereich Energie und Klima:

Heizkostenverordnung

Am 26.04.2021 wurde die deutsche Heizkostenverordnung der Europäischen Kommission zur Notifizierung zugeleitet. Grund sind technologische Anforderungen, die von der Kommission auf eventuelle Handelshemmnisse geprüft werden. Die deutsche Stillhaltefrist läuft bis zum 27.07.2021. Das BMWi hofft, den Entwurf der HeizkostenV nach der Sommerpause und vor der Bundestagswahl sowohl durch das Bundeskabinett, als auch durch den Bundesrat zu bringen. In dem Fall wäre mit einer Veröffentlichung im Oktober 2021 zu rechnen. Andernfalls würde sich die Heizkostenverordnung wahrscheinlich für eine längere Zeit verzögern.

Hauptpunkte der Heizkostenverordnung sind: Ab dem Inkrafttreten der Verordnung dürfen nur noch fernablesbare Ausstattungen zur Verbrauchserfassung eingebaut werden. Wenn fernablesbare Ausstattungen zur Verbrauchserfassung installiert wurden, muss der Gebäudeeigentümer ab 01.01.2022 den Nutzern monatliche Verbrauchsinformationen mitteilen.

Details können dem Entwurf der Verordnung und der Stellungnahme des GdW entnommen werden. Der Notifizierungsentwurf unterscheidet sich dabei in einigen Punkten vom Referentenentwurf:

  • Ab einem Jahr nach Inkrafttreten der Verordnung dürfen nur noch solche fernablesbaren Ausstattungen installiert werden, die sicher an ein Smart-Meter-Gateway angebunden werden können.
  • Die zwei- bzw. viermalige Mitteilung der Verbrauchsinformation vor dem 01.01.2022 wird begrenzt auf Abrechnungszeiträume, die ab Inkrafttreten der Verordnung beginnen. Das bedeutet, dass vor dem 01.01.2022 praktisch keine Verbrauchsinformationen zu liefern sind, weil von Oktober bis Dezember keine Abrechnungszeiträume beginnen.
  • An monatliche Verbrauchsinformationen werden nun zusätzliche Anforderungen gestellt: Verbrauch des Nutzers im letzten Monat in Kilowattstunden, Vergleich dieses Verbrauchs mit dem Verbrauch des Vormonats desselben Nutzers sowie mit dem entsprechenden Monat des Vorjahres desselben Nutzers, soweit diese Daten erhoben worden sind, und ein Vergleich mit dem Verbrauch eines normierten oder durch Vergleichstests ermittelten Durchschnittsnutzers derselben Nutzerkategorie erfolgt ist.
  • Die zusätzlichen Informationen in den Rechnungen müssen erst für Abrechnungszeiträume gegeben werden, die nach Inkrafttreten der Verordnung beginnen.
  • Das Schlüsselmaterial für die Sicherstellung der Interoperabilität muss kostenfrei übergeben werden.

Da wesentliche Punkte nach wie vor unnötigen und ganz erheblichen Zusatzaufwand verursachen und die Regelungen zur Sanktionierung zum Teil unverhältnismäßig sind, werden wir zur Behandlung im Bundesrat erneut versuchen, dazu Änderungen zu erreichen.

Begrenzte Umlagefähigkeit des CO2-Preises

Nachdem der Bundesverband GdW in mehreren Schreiben an die zuständigen Ministerien für angemessene Lösungen hinsichtlich der Verteilung des CO2-Preises geworben und entsprechende konkrete Vorschläge vorgelegt hatte, haben sich jetzt im Bundeskabinett die SPD-geführten Ministerien mit ihrem Vorschlag 50:50 durchgesetzt. Die Entscheidung fiel in der Kabinettssitzung am 12.05.2021 und ist im sog. Klimapakt dokumentiert: „Die Kosten des nationalen CO2-Preises werden zu 50% von den Vermietern getragen.”

Gesetzesvorlagen für die Umsetzung existieren bislang noch nicht. Die Bundesregierung wird aber in den nächsten Wochen ein Sofortprogramm 2022 vorlegen, das die entsprechenden Gesetzesentwürfe enthalten kann. Wir gehen weiter davon aus, dass eine Aufteilung des CO2-Preises auf Mieter und Vermieter erst ab dem Inkrafttreten einer Regelung gelten darf und dass eine Rückwirkung unzulässig ist.

Bewertung:
Eine pauschale Kostenaufteilung beim CO2-Preis ist keine faire oder intelligente Lösung, sondern ein Investitionshemmnis. Ausgerechnet die sozial verantwortlichen Vermieter werden bestraft, die bislang mit geringen Mieten gewirtschaftet haben. Denn die generelle finanzielle Belastung aller – auch energetisch modernisierter – Gebäude entzieht den nachhaltig agierenden Wohnungsunternehmen unmittelbar die Mittel, die sie eigentlich für weitere Klimaschutzmaßnahmen benötigen.

Klimaschutzgesetz

Der Entwurf des Klimaschutzgesetzes wurde am 12.05.2021 vom Bundeskabinett beschlossen. Eine Verbändebeteiligung erfolgte vom 10.05.2021 22:09 bis zum 11.05.2021 15:00 (weniger als 17 Stunden!). Der GdW hat dem BMU eine Stellungnahme übermittelt, in der er zum Gesetzesentwurf nicht Stellung nimmt, zum einen wegen der inakzeptabel kurzen Stellungnahmefrist, vor allem aber, weil nicht die Ziele, sondern deren Umsetzung entscheidend sind. Der GdW fordert einen Rechtsanspruch auf Zuschüsse für eine annähernd warmmietenneutrale energetische Modernisierung und eine anreizorientierte Verteilung des CO2-Preises, die den Wohnungsunternehmen nicht über Gebühr Investitionsmittel entzieht. Das Klimaschutzgesetz muss noch im Bundestag behandelt und beschlossen werden. Es wurde dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet.

Die Novelle des Klimaschutzgesetzes soll angesichts des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts schon kurz- bis mittelfristig zu mehr Klimaschutzmaßnahmen führen. Es soll aktiv gegen die Gefahren des Klimawandels vorgehen, so dass es nach 2030 nicht zu unverhältnismäßigen Einschränkungen der Freiheitsgrundrechte der heute jüngeren Menschen führt.

Im Gesetz wird ein neuer Zielpfad für die Treibhausgasminderungen in Deutschland definiert:

  • bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990,
  • bis zum Jahr 2040 um mindestens 88 Prozent und
  • bis spätestens zum Jahr 2045 so weit, dass Treibhausgasneutralität erreicht wird. Nach dem Jahr 2045 sollen negative Emissionen erreicht werden.

Zu dem Gesetzesentwurf gibt es kein Impact-Assessement, d. h. derzeit weiß niemand, wie die Ziele erreicht werden können. Das Gesetz selbst macht sich einen schlanken Fuß und stellt fest: „Der Gesetzentwurf begründet keine unmittelbaren Pflichten gegenüber Bürgerinnen und Bürgern. Ein Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger ergibt sich daher nicht. Auch gegenüber Wirtschaftsunternehmen begründet der Gesetzentwurf keine unmittelbaren Pflichten und damit keinen Erfüllungsaufwand.”
Bereits zum Klimaschutzgesetz 2019 hatte die Wohnungswirtschaft vermerkt, dass es sich bei dem Gesetz um eine Art „Vertrag zu Lasten Dritter” handelt.

Der Gebäudesektor soll allerdings für 2030 von allen Sektoren am wenigsten zusätzlich belastet werden.

Das Klimaschutzgesetz entfaltet seine Wirkung über Klimaschutzprogramme, die die konkreten Maßnahmen, z. B. im Ordnungsrecht, bei der Förderung und hinsichtlich Information, benennen, sowie über Sofortprogramme. Für die Klimaschutzprogramme bezieht die Bundesregierung den Lenkungskreis der Wissenschaftsplattform Klimaschutz sowie in einem öffentlichen Konsultationsverfahren weitere wissenschaftliche Begleitgremien der Bundesregierung, Länder, Kommunen, wirtschafts- und zivilgesellschaftliche Verbände ein. Die Sofortprogramme werden jedoch von Ministerien vorgeschlagen und von der Bundesregierung beraten und beschlossen. Der Bundestag wird informiert. Dies geht natürlich nur, soweit nicht die Gesetzgebungskompetenz des Bundestages bzw. des Bundesrates betroffen ist.

Aktuell wird ein Sofortprogramm 2022 vorbereitet, dessen Leitplanken sich im Klimapakt vom 12.05.2021 finden.

Bewertung:
Mit der gesetzlichen Verankerung der Treibhausgasneutralität für Deutschland bis 2045 verengt sich auch der Spielraum für wohnungswirtschaftliche Klimastrategien. Es gibt kein Restbudget in kg/m², das Gesetz verlangt für die Gebäude für 2045 Null kg/m². Das ist nur erreichbar, wenn die Beheizung und Warmwasserbereitung in allen bewirtschafteten Gebäude mit erneuerbaren Energien erfolgt.

Hinsichtlich der 2030-Ziele ist die Ambition noch einmal etwas verschärft worden. Derzeit besteht in allen Projektionen eine deutliche Lücke hinsichtlich der Zielerreichung. Sofortprogramme werden unser ständiger Begleiter sein.

Klimapakt

Das Bundeskabinett hat am 12.05.2021 neben dem Klimaschutzgesetz einen „Klimapakt” beschlossen. Die Bundesregierung wird hierzu in den nächsten Wochen ein Sofortprogramm 2022 vorlegen.
Folgende geplante Punkte betreffen die Wohnungswirtschaft:

  • Im Gebäudesektor stärkere Einbindung von erneuerbaren Energien.
  • Sanierungsoffensive mit attraktiven Fördermaßnahmen (v. a. für den sozialen Wohnungsbau) und weiteren Anreizen.
  • Neubaustandards werden angehoben.
  • Heizungen, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können, werden nicht mehr gefördert.
  • Die Kosten des nationalen CO2-Preises werden zu 50% von den Vermietern getragen.
  • Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung werden genutzt, um durch Absenkung der EEG-Umlage die Stromkosten zu entlasten.
  • Beschleunigter Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft durch Vorziehen der Planungen für die Bereitstellung und den Einsatz von Wasserstoff in allen geeigneten Bereichen (dabei wird aber erst sehr nachrangig an Gebäude gedacht).

Die Bundesregierung will im weiteren Haushaltsaufstellungsverfahren für 2022 ff. zur Finanzierung weiterer Maßnahmen bis zu
8,0 Mrd. Euro, allerdings unter Einbeziehung der aus den Vorjahren erwirtschafteten Rücklagen des Energie- und Klimafonds, zur Verfügung stellen. Soweit in der Haushalts- und Finanzplanung konkrete haushaltsrelevante Maßnahmen oder Schwerpunktsetzungen zu berücksichtigen sind, erfolgt dies mit der Aufstellung des Regierungsentwurfs zum Haushalt 2022 und zum Finanzplan bis 2025 im Juni 2021. Nicht im Klimapakt enthalten ist eine Erhöhung des CO2-Preises gegenüber dem bekannten Pfad.

Konsultation zur Gebäuderichtlinie

Als ein Baustein der Renovierungswelle soll die Gebäuderichtlinie (EPBD – Energy Performance of Buildings Directive) novelliert werden. Die Konsultation läuft bis Mitte Juni. Wesentliche Fragen der Konsultation betreffen:

  • Verbindliche Mindestvorgaben: Für Energieeffizienzklasse, spezifischen Energieverbrauch, CO2-Messgröße? Für welche Gebäudekategorien? Bei Verkauf, Vermietung oder Verpachtung? Mit Zeitplan für eine schrittweise Erreichung?
  • Deep-Renovation-Standard: Legaldefinition des Begriffs “umfassende Renovierung”/60 % Energieeinsparung (für Förderungen)
  • Elektromobilität: Verschärfung der Bestimmungen? Welche Maßnahmen?
  • Verpflichtender Intelligenzfähigkeitsindikator
  • Energieausweise (EPCs – Energy Performance Certificates): einheitliches maschinenlesbares Datenformat für die EPCs in der EU, strengere Bestimmungen zur Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Datenbanken für EPCs, Aufnahme weiterer Informationen (Kosten, Komfort, Klimaresilienz)
  • Digitale Gebäude-Logbücher: Gebäudedaten (Materialien, Flächen, technische Anlagen), Prozessdaten (Instandhaltung, Modernisierung, Eigentümerwechsel), Dokumente (Pläne, Renovierungsausweise, SRIs, EPCs), Metering-Daten. Die Daten sollen dabei innerhalb des Gebäude-Logbuchs gespeichert werden können, oder an einer anderen Stelle, zu der das Logbuch als Gateway funktioniert. Das Logbuch soll ein sicheres Instrument sein, das den Nutzern die Kontrolle über ihre Daten und über den Zugang Dritter zu den Daten gibt sowie die fundamentalen Rechte auf Schutz persönlicher Daten respektiert.
  • Zugängliche Datenbanken: Energieausweise mit Benchmarks für Vergleich mit ähnlichen Gebäuden, nationale Gebäuderegister oder -kataster, Datenbank für digitale Gebäude-Logbücher, sonstige nationale Statistiken.

Bewertung:
Aus Sicht der Wohnungswirtschaft müssen besonders zur Frage der verbindlichen Mindeststandards und zu den offenen Datenbanken Positionen erarbeitet werden.

Zu Mindeststandards:
Die Wohnungswirtschaft lehnt zusätzliche Mindeststandards ab. In Deutschland bestehen bereits Mindeststandards für Einzelmaßnahmen/Nachrüstpflichten im GEG. Ordnungsrecht kann die schwierige Marktsituation nicht lösen, die wegen der Unwirtschaftlichkeit der Effizienzmaßnahmen besteht. Die Unwirtschaftlichkeit wiederum entsteht aus der mangelnden Mietzahlungs-
fähigkeit von Haushalten mit mittleren und kleinen Einkommen und ist im Grunde ein soziales Dilemma. Insbesondere kann Regulierung keine wirtschaftlichen Lösungen herstellen, wenn diese der Markt nicht anbietet.

Verbindliche Mindeststandards im Sinne einer Pönalisierung (Unter Strafe stellen) für die Vermietung würden dann dazu führen, dass bezahlbare Wohnungen aus dem Markt verschwinden. Insbesondere wären in Deutschland davon Wohnungen mit Haushalten betroffen, denen die Kosten der Unterkunft erstattet werden. Diese Erstattung richtet sich üblicherweise allein nach der Kaltmiete.
Pönalisierte Mindeststandards wären allenfalls dann langfristig für die schlechtesten Gebäudeklassen denkbar, wenn man vorher für mindestens 10 Jahre eine verlässliche und ausreichende Förderung eine warmmietenneutrale Modernisierung sicherstellt. Besonders zu beachten ist der Unterschied zwischen Verkauf und Vermietung, speziell bei Mehrfamilienhäusern. Während sich ein Verkauf auf ein ganzes Gebäude richtet, betrifft Vermietung nur die einzelne Wohnung.

Zu offenen Datenbanken:
Die Wohnungswirtschaft sollte sich öffentlich zugänglichen Datenbanken nicht generell verweigern. Die Freigabe von Verbrauchsdaten kann zum Beispiel zum Vorteil der Wohnungswirtschaft sein. Aber Transparenz ist eine Frage der Ausgestaltung. Eine differenzierte Position dazu sollte folgende Punkte enthalten:

  • Zur öffentlichen Verfügung gestellt werden Informationen aus Energieausweisen, geknüpft an die Registriernummer des Ausweises.
  • Kostenfreie Verwendung der Daten durch Behörden (z. B. Destatis), kostenpflichtige Verwendung durch öffentlich/privat finanzierte Forschung und keine Nutzung durch Dienstleister.
  • Gebäude-Logbücher sind für die nächsten fünf Jahre eine interne Aufgabe der Gebäudebewirtschaftung – kein Thema für externe/öffentliche Datenbanken.
  • Bei den Bewirtschaftern/im Gebäudemanagement muss die digitale Datenhaltung aufgebaut werden. Aufgabe der EU wäre es, einen Vorschlag für den Umfang an Daten zu erarbeiten, der in einem Gebäude-Logbuch zusammengeführt werden könnte/sollte.