Im vorliegenden Fall geht es um die Kündigung eines Wohnungsmietvertrages gegenüber einer betagten Mieterin. Auf den Grund der Kündigung soll hier nicht näher eingegangen werden, da das Entscheidende in diesem Fall die Ausführungen zum Härteeinwand im Hinblick auf Alter und Krankheit der Mieterin sind. Die Mieterin widersprach dieser Kündigung unter Verweis auf ihr hohes Alter, ihren beeinträchtigten Gesundheitszustand, ihre langjährige Verwurzelung am Ort der Mietsache und ihre für die Beschaffung von Ersatzwohnraum zu beschränkten finanziellen Mittel.

Das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage – nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens über die für die Mieterin zu besorgenden Kündigungsfolgen – abgewiesen und angeordnet, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werde. Der BGH hatte über die Revision zu entscheiden (BGH vom 3.2.2021, Az. VIII ZR 68/1). Im Wesentlichen setzte er sich mit der Ansicht der Vorinstanzen zum Alter als Härteeinwand auseinander:

Allein das hohe Alter eines Mieters rechtfertigt die Bejahung einer Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB und regelmäßig die Bejahung eines Anspruchs des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht. Es kommen nur solche für den Mieter mit einem Umzug verbundenen Nachteile als Härtegründe im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht, die sich von den mit einem Wohnungswechsel typischerweise verbundenen Unannehmlichkeiten deutlich abheben. Das hohe Alter eines Menschen wirkt sich je nach Persönlichkeit und körperlicher sowie psychischer Verfassung unterschiedlich aus und begründet deshalb ohne weitere Feststellungen zu den sich hieraus ergebenden Folgen für den betroffenen Mieter im Falle eines erzwungenen Wohnungswechsels grundsätzlich noch nicht eine Härte.

Das hohe Lebensalter eines Mieters kann aber in Verbindung mit weiteren Umständen – im Einzelfall auch der auf einer langen Mietdauer beruhenden tiefen Verwurzelung des Mieters in seiner Umgebung – eine Härte begründen, insbesondere wenn Erkrankungen des Mieters hinzukommen, aufgrund derer im Falle seines Herauslösens aus der Wohnumgebung eine Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands zu erwarten steht. Die gesundheitliche Verschlechterung kann sogar allein einen Härtegrund darstellen. Die demnach erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen.

Soweit das Berufungsgericht eine jahrzehntelange soziale Verwurzelung der Mieterin am Ort der Mietsache angenommen hat, fehlen Ausführungen dazu, auf welchen Umständen diese Annahme beruht. Denn eine langjährige Mietdauer (hier 18 Jahre) lässt für sich genommen noch nicht auf eine tiefe soziale Verwurzelung des Mieters am Ort der Mietsache schließen. Vielmehr hängt deren Entstehung maßgeblich von der individuellen Lebensführung des jeweiligen Mieters ab. Zur sozialen Verwurzelung müssen noch konkrete negative Folgen zu erwarten sein, die sich aus dem hohen Lebensalter und ihrer etwaigen sozialen Verwurzelung am bisherigen Wohnort im Falle eines erzwungenen Wohnungswechsels für die Mieterin ergeben.

Die vorgelegten ärztlichen Atteste reichten hierfür nicht, das Sachverständigengutachten des Amtsgerichtes zog das Berufungsgericht nicht heran, da es allein aufgrund des Alters bereits von einer besonderen Härte ausging. Der BGH verwies die Sache daher zurück an das LG Berlin zur erneuten Beurteilung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung.