Das umstrittene Telekommunikationsmodernisierungsgesetz wurde am 22.04. im Bundestag verabschiedet und am 07.05.2021 vom Bundesrat beschlossen. In einer begleitenden Entschließung weisen die Länder jedoch darauf hin, dass weiteres Verbesserungspotenzial besteht. Dabei handelt es sich vor allem um die Entgeltmaßstäbe bei neuen Glasfasernetzen (49 Abs. 5 TKG) und das Sonderkündigungsrecht (§230 Abs. 5 TKG). Der Entschließungsantrag, der einige für die Wohnungswirtschaft positive Punkte beinhaltet und durch die interessenpolitische Arbeit der Verbände bewirkt wurde, wird frühestens in der nächsten Legislaturperiode gesetzgeberischen Einfluss ausüben können.

Beurteilung
Nach einem finalen Änderungsantrag von CDU und SPD hat die Wohnungswirtschaft im Endspurt des Gesetzesverfahrens eine Sonderkündigungsregelung, einen minimal verlängerten Bestandsschutz sowie eine – insgesamt unzureichende – Anschlussregelung für das geplante Auslaufen der derzeitigen Umlagevorschrift zum Breitbandanschluss erreicht.

Angesichts des Auslaufens der derzeitigen Umlagefähigkeit zum 30.06.2024 ohne eine adäquate Anschluss- oder Ersatzregelung bleibt das Ergebnis trotz zwischenzeitlicher positiver Signale, wie das eindeutige Votum der Bauministerkonferenz, massiv hinter unseren ursprünglichen Erwartungen zurück. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass es ohne unser Engagement keine Anschlussregelung gegeben hätte. Letztlich hat die Politik die Argumentation der Telekom, der Wohnungswirtschaft eine jegliche gestalterische Rolle bei Ausbau und Nutzung von Glasfaser- bzw. Breitbandnetzen künftig zu verwehren und der Telekom selbst mehr Freiräume zu verschaffen weitgehend umgesetzt.

Folgende Regelungen sollen in Kraft treten:

  • Die derzeitige Umlageregelung gemäß § 15a und b BetrKV läuft zum 30.06.2024 aus. Nach diesem Zeitpunkt sind unmittelbar nur Stromkosten unbefristet umlegbar. Andere laufende Betriebskosten wie Betriebsführung/Wartung/Urheberrechtsentgelte fallen aus der Umlagefähigkeit. Eine Opt-out-Regelung gemäß § 71 Abs. 2 TKG wird eingeführt, deren Anwendung bezogen auf die Betriebskostenabrechnung bis 30.06.2024 ausgesetzt.
  • Ferner soll die derzeit noch in Kraft befindliche Umlageregelung nicht für Neuanlagen ab 01.01.2021 anwendbar sein. Hier sollen nur die Regelungen des nachfolgend dargestellten Entgelts gelten.
  • Als Anschlussregelung für den Wegfall der Umlagefähigkeit wird ein „Glasfaserbereitstellungsentgelt” (§ 72 TKG neu) neu geschaffen. Danach können Gebäudeeigentümer und Netzbetreiber innerhalb von Gebäuden eine Vereinbarung über ein „Glasfaserbereitstellungsentgelt” abschließen, das in Verbindung über eine neue Ziffer 15c in § 2 BetrKV über die Betriebskosten umlagefähig ist.
    – Voraussetzung ist die erstmalige Ausstattung mit rein glasfaserbasierten Netzen in einem Gebäude.
    – Die Umlagehöhe darf 60 Euro pro Jahr (5 Euro pro Monat) nicht überschreiten und kann für die Dauer von fünf bis maximal neun Jahren erhoben werden. Rechnerisch können damit maximal 540 Euro pro Mieter berechnet werden. Bei einer
    Gesamtumlage von mehr als 300 Euro greift eine erweiterte Darlegungspflicht.
    – Das Entgelt darf für Investitionszeiträume bis Ende 2027 sowie rückwirkend ab 2015 für die Jahre berechnet werden, für die keine Betriebskostenumlage nach derzeitiger Fassung erfolgt.
    – In der Rechnungsstellung sind Kalkulationsgrundlagen offen zu legen. Bei der Festsetzung des Bereitstellungsentgelts dürfen die auf die Jahre des Erhebungszeitraums gleichmäßig verteilten tatsächlichen Kosten zuzüglich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt werden, die für die Errichtung der Netzinfrastruktur innerhalb des Gebäudes entstanden sind;
    – Das Entgelt darf keinen TV- bzw. TK-Dienst beinhalten und ist im Gegenzug nicht von einem Opt-out-Recht der Mieter beschränkt.
    – Wird Mietern ein Glasfaserbereitstellungsentgelt berechnet, entfällt ein (grundsätzlich europarechtlich vorgegebener) Anspruch auf Mitnutzungsentgelte von Dritten. Anbietern muss ein unentgeltlicher Zugang gewährt werden.
    – Zudem ist Mietern eine freie Anbieterwahl zu ermöglichen.
  • Für die Ermöglichung eigener Investitionen von Wohnungsunternehmen wird in § 555b BGB in einer neuen Nummer 4a klargestellt, dass der erstmalige Einbau von Glasfaser netzen eine Modernisierungsmaßnahme darstellt. Ein Umlage gem. § 559b BGB ist möglich, sofern keine Umlage der Kosten gem. § 72 TKG erfolgt und der Mieter seinen Anbieter frei wählen kann.
  • Einziger Lichtblick ist ein entschädigungsloses Sonderkündigungsrecht gem. § 230 Abs. 5 (neu) TKG: Danach kann jede Partei einen vor dem 1. Dezember 2021 geschlossenen Gestattungsvertrag wegen der Beschränkung der Umlagefähigkeit nach § 2 Satz 1 Nummer 15 Buchstabe a und b der Betriebskostenverordnung frühestens mit Wirkung ab dem 1. Juli 2024 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit die Parteien für diesen Fall nichts anderes vereinbart haben. Die Kündigung berechtigt den anderen Teil nicht zum Schadensersatz.
  • Trotz einer umgehenden Intervention des GdW und eines Mitgliedsunternehmens ist eine sehr kurzfristige Änderung des Entgeltmaßstabs für die Mitnutzung von Infrastrukturen zu Lasten von Unternehmen mit wohnungswirtschaftlicher Beteiligung nicht revidiert worden. Neu ist, dass für ab dem Inkrafttreten des Gesetzes errichtete gebäudeinterne Komponenten ein die Nutzung beantragendes Unternehmen nur dann ein reguläres Mitnutzungsgelt entrichten muss, soweit die mit zu nutzende gebäudeinterne Netzinfrastruktur auf Kosten eines Eigentümers oder Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der kein mit dem am Gebäude Verfügungsberechtigten verbundenes Unternehmen im Sinne des § 3 Nummer 69 ist, errichtet wurde. Wie bisher vorgesehen und vom GdW stets kritisiert, sollen zudem Eigentümern und Betreibern von bestehenden Inhausstrukturen die regulär vorgesehenen Aufschläge bei der Entgeltbemessung verwehrt bleiben.

In der Gesamtsicht haben die Änderungen umfassende strategische Auswirkungen, da vielfach bisherige Gestaltungen von Vereinbarungen von Wohnungsunternehmen und Netzbetreibern unattraktiv oder unmöglich geworden sind. Wir werden Sie über die weiteren Auswirkungen umfassend informieren.