„Mit dieser digitalen Veranstaltung erleben wir ein historisches Ereignis in der 111-jährigen Geschichte des VdW Bayern“, sagte der Verbandsvorsitzende Jörg Kosziol bei seiner Begrüßung zum Verbandstag 2020 in Reit im Winkl. Vorangegangen war die eineinhalb-tägige Fachveranstaltung WohWi im Dialog. Den beiden Terminen folgten 50 Gremienmitglieder des Verbandes vor Ort und mehr als 300 Zuschauer an den Bildschirmen. „Auch wenn die persönliche Begegnung diesmal gefehlt hat, sind wir sehr zufrieden mit den digitalen Formaten“, resümierte Verbandsdirektor Hans Maier.

Kurzweilig, komprimiert, mehr Raum für Dialog – bei der Hybrid-Veranstaltung WohWi im Dialog 2020 war nicht nur die Corona-bedingt großzügige Sitzordnung im Saal anders. Die Veranstaltung wurde an die Bedürfnisse der Zuschauer vor den Bildschirmen angepasst. Der erste große Themenkomplex war das Bauen und Wohnen der Zukunft. Bayerns neue Bauministerin Kerstin Schreyer sprach in ihrem Impulsvortrag über die Lehren der Corona-Pandemie und die aktuelle Wohnungspolitik der Staatsregierung.

Lehren aus der Corona-Pandemie
Den Start in das neue Amt hatte sich die ehemalige Sozialministerin sicher anders vorgestellt. Nur wenige Wochen nach der Übernahme des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bauen und Verkehr am 6. Februar wurde der Lockdown verkündet. Doch die Einschränkungen zeigten auch die Anforderungen, die künftig an das Wohnen gestellt werden. Die Eigenschaften der Wohnung als Rückzugsraum, Arbeitsplatz sowie die Bedeutung eines Freisitzes haben in der Krise eine neue Qualität bekommen. Oberstes Ziel ist und bleibt aber die Bezahlbarkeit des Wohnens: „Unser Ziel ist, dass alle Menschen in Bayern leben können – unabhängig von Einkommen, Beruf oder Lebensphase“, bekräftigte die Bauministerin. Um das zu erreichen, setzt Schreyer auf Kontinuität bei der Wohnraumförderung, schnellere Baugenehmigungen und den Ausbau der Digitalisierung. Bei der Stadtplanung sieht Schreyer den durch die Corona-Pandemie gestiegenen Bedarf der Menschen nach Ruhe und Erholungsräumen, dem Rechnung getragen werden müsse. Ein weiterer wichtiger Aspekt beim zukunftsgerichteten Wohnungsbau seien die Klimaschutzziele. Hier erkennt die Ministerin den Spagat zwischen den gestiegenen bautechnischen Anforderungen und der Wirtschaftlichkeit: „Die Bevölkerung muss mitgenommen werden. Bauen und Wohnen soll nicht teurer werden.“

Ein Punkt, der auch Verbandsdirektor Hans Maier wichtig ist. „Die Wohnungswirtschaft Bayern stellt sich den gesellschaftspolitischen Herausforderungen Wohnungsbau und Klimaschutz“, sagte er. „Gerade bei der Wohnraumförderung darf sich der Bund nicht vom Acker machen“, forderte Maier angesichts der gekürzten Fördermittel.

Bei der anschließenden Diskussionsrunde mit BR-Moderatorin Vera Cornette zeigte sich, wo die Branche der Schuh drückt. Der gesellschaftliche Konflikt rund um einen Mietenstopp, der auch zu einer veränderten Wahrnehmung der Wohnungswirtschaft geführt hat, die steigenden Bodenpreise und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 stellen die Wohnungsunternehmen vor große Herausforderungen.

Live aus Berlin
In einer Live-Schalte aus Berlin informierte GdW-Präsident Axel Gedaschko über aktuelle wohnungspolitische Themen. Im kommenden Bundestagswahlkampf werde das Wohnen noch mehr im Fokus stehen als bisher. „Das Ringen um einen Mietendeckel, die Diskussion um eine neue Gemeinnützigkeit und die Reform der Grundsteuer werden uns weiter auf Trab halten“, betonte Gedaschko.

Wie viel Technik braucht ein Haus?
Dieser Frage ging Prof. Elisabeth Endres vom Institut für Gebäude und Solartechnik der TU Braunschweig bei ihrem Vortrag „Viel hilft – oder wie wenig ist genug“ nach. Gegenüber dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes zeigte sich Endres skeptisch. Vielmehr sollte auf die Verknüpfung zwischen der Energieversorgung und dem Gebäude Augenmerk gelegt werden. Das Fazit der Wissenschaftlerin: „Eine Technisierung des Hauses ist nicht unbedingt die beste und effizienteste Lösung.“

Bayern braucht mehr bezahlbare Wohnungen
Beim anschließenden ersten digitalen Verbandstag des VdW Bayern am 13. Oktober stand vor allem das Thema Wohnungsbau auf der Agenda. Wohnungsmangel lässt sich nur durch Neubau beheben – diese Position bekräftigten die Vertreter der 487 Verbandsmitglieder in ihrer Resolution. Die Unternehmen haben im Jahr 2019 mehr als 4.400 neue bezahlbare Wohnungen gebaut und dafür 1,3 Mrd. Euro investiert. Der Verband fordert bessere Rahmenbedingungen für die Branche: Mehr Fördermittel für Sozialwohnungen, die Aktivierung von preisgünstigem Bauland und staatliche Zuschüsse für Klimaschutz-Investitionen.

„Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist und bleibt eines der wichtigsten Themen in Bayern – gerade auch in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie“, sagte Verbandsdirektor Hans Maier. Ein sicheres Zuhause habe in den letzten Monaten einen noch höheren Stellenwert bekommen.

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Pressemitteilung zum Verbandstag 2020: hier